Zum Bewusstsein des Menschen

vom

Das Reale hat eine Qualität die uns dabei hilft zu bestimmen, wo sich das Tote vom Lebendigen unterscheidet, um bestimmen zu können von wo an das Lebendige ein Bewusstsein hat, um schliesslich herauszufinden, wie es sich um das Bewusstsein des Menschen verhält.

Wir sprechen vom lebendigen Körper, wenn wir einen natürlichen, zu bestimmten Tätigkeiten fähigen Körper vor uns haben, der seine Funktionen ausführen kann, um mit seiner Umwelt die ihm gewöhnlichen, alltäglichen Wechselwirkungen zu bestreiten. Hört dieser Körper auf, sich von sich aus zu bewegen, und hört er weiter auf, seine passiven Funktionen fortzuführen (beim höheren Lebewesen wären das z.B. Atmung, Herzschlag und dergleichen), so haben wir einen Körper vor uns, der entweder tot ist oder dazu übergeht, tot zu sein. Wir bestimmen damit das Bewusstsein als ein Ausdruck des Lebendigen, das zu Aktivität fähig ist, und wir bestimmen das Ausmass des Bewusstseins als ein Ausmass der Möglichkeiten des Lebendigen, mit seiner Umwelt in allerlei Wechselwirkungen zu treten.

Das Reale wird von uns für unsere Zwecke bestimmt als die Kraft, die sich um das Gleichgewicht der Welt kümmert. Das Reale hält die leblose Materie und den (todlosen) Geist zusammen, und formt durch die Verbindung aus den Zweien etwas Neues – etwas seiner eigenen Natur Untergeordnetes: etwas gleichsam Reales. Das so Neue ist das „reale Sein“, dem uns als erstes der „Mensch als ein Ganzes“ zugehört, dann die Tiere mit deren Arten, und abwärts immer weiter alles andere. Das Reale umfasst weiter das Gleichzeitige vom Menschen zu seiner Umgebung, das wir die (ästhetische) Atmosphäre nennen, die sich als ein Neues aus dem Wahrgenommenen und dem Wahrnehmenden bildet. So ist die Atmosphäre eines Raumes etwas Reales, da es sich erstens aus den Grenzen des Raumes (wie Wände, Türen usw), zweitens dann Gegenständen und Zuständen im Raum (etwa Möbel, Lichtverhältnisse usw) und drittens dem Geist in Raum (der Wahrnehmende, der gutmütige oder gespannte Austausch unter Menschen und dergleichen) zusammensetzt – während es aber Kategorien und Verschiedenheiten belässt. Das heisst, das Reale bringt nur zu einem Realen zusammen was gegenartig ist, belässt aber das Gleichartige getrennt – es verbindet z.B. Geist (Spirit) mit Materie, aber es macht keine Verbindung aus Materie und Materie, oder aus einem Geist mit einem anderen Geist. Das Gleichartige lässt es getrennt. So verhält es sich um das Reale: dass es zusammenbringt und zu Neuem verschmilzt, was einander eigentlich zutiefst verschieden ist, wie eben etwa Materie und Geist. Wie das für das Beispiel des Raumes gilt, gilt das auch für den Menschen – auch der Mensch ist ein Reales, da auch er im wahrsten Sinne des Wortes alle möglichen Seinsarten (Leib, Geist, Psyche, Intellekt usw) überallhin mit sich bringt, solange er Mensch ist (Geist und Körper hat).

So viel zum Wesen des Realen, nun aber weiter zum Wesen des menschlichen Bewusstseins.

Auch das Bewusstsein des Menschen muss in diesem Sinne verstanden werden: als etwas, das erst durch das Reale in der Art vorhanden ist, wie es erlebt wird, weil es eben erst durch den Menschen in seinem Ausmass vorhanden ist. Das Bewusstsein hat seinen Ursprung zwar im Geistigen, im Spirituellen, aber beim Menschen formt sich das Bewusstsein aus der Gleichzeitigkeit und Gleichortigkeit von Körper und Geist. Der Verstorbene, der den Körper ablegt, erfährt eine Veränderung in seinem Bewusstsein, weil sich ein Teil ablöst, mit dem sein Bewusstsein durch das ganze Menschenleben hindurch verbunden war. Mit dem Körper zusammen ist das Bewusstsein gezwungen, Eigenschaften des Materiellen zu imitieren, sich dem Materiellen anzunähern. Durch den Leib wird das Bewusstsein von allerlei Emotionen und Gelüsten beeinflusst, die ohne den Leib ihren Gegenstand verlieren und sich dadurch auflösen. Wird der Körper durch den Tod „abgelegt“, und ist nur noch der Geist mit seinem Bewusstsein vorhanden, wird das Bewusstsein wieder zu einem geistigen. Weiter wird durch den Tod eigentlich nicht nur die Materie abgelegt, sondern auch das Reale, weil das Reale nicht mehr vorhanden sein kann, wenn es Materie und Geist nicht beisammenhalten kann. Das Reale braucht die Gegenartigkeiten verschiedener Seinsarten für sich.

Wir unterscheiden bei uns somit mindestens zwei Arten von Bewusstsein: das menschliche und das geistige. Das menschliche Bewusstsein ist das, was uns allen selbstverständlich ist, das wir als Menschen alle kennen, und das geistige Bewusstsein ist das, was vom Bewusstsein übrig ist, wenn der Leib fehlt. Das im Tode Übrige ist aber, etwas ungelenk gesagt, bedeutender als das gewöhnliche (menschliche), weil sich das gewöhnliche durch allerlei Widerstände und Ablenkungen hindurchwinden muss (an denen sich der Geist aber stählt und entwickelt).

Weiter können wir bestimmen, welche Arten von Bewusstsein sich beim Menschen sonst noch finden, etwa beim Komatösen, beim Schlafenden, beim Träumenden, beim Geistlosen, beim Kind, in mildem Ausmass auch beim Weiblichen (im Schnitt, nicht absolut), usw. Das sind alles Stufen abgeschwächter, unvollständiger oder unharmonischer Verbindungen zwischen Geist und Leib, ohne dass eine Trennung (Tod) zwischen Geist und Leib eingetreten ist.

Um noch einmal zu den Fragen am Anfang des Artikels zurückzukommen: das Lebendige unterscheidet sich vom Toten also in seinen passiven und aktiven Tätigkeiten, von denen das Tote keinerlei hat; das Lebendige mit Bewusstsein unterscheiden wir vom Lebendigen ohne Bewusstsein in der Fähigkeit zu aktiver Tätigkeit; und das Bewusstsein des Menschen schliesslich zeichnet sich dadurch aus, dass noch etwas Geistiges hinzukommt – das für sich alleine aber noch einmal ein anderes Bewusstsein sein Eigen nennt.