Was ist Welt

vom

In jeder Weise widerspiegelt der Mensch die Welt. Wie der Mensch ist, so ist auch die Welt – Mensch und Welt sind verbunden und entwicklen sich gleichzeitig und in Abhängigkeit voneinander. Die erste Bedingung zu einer Verbundenheit ist, dass mindestens zwei verschiedene Dinge vorhanden sind, denn sonst wäre da eine Einheit. Eine Einheit lässt sich nicht mit sich selbst verbinden, so braucht die Verbindung eine Zweiheit, oder sonst eine Vielheit. Ist eine Verbindung absolut, so ist eine Einheit vorhanden, und das Wort Verbindung erübrigt sich. Folglich kann eine bestehende Zweiheit oder eine Vielheit über die Verbindung zur Einheit werden, aber die Einheit benötigt einer weiteren Einheit um mit dieser eine Zweiheit zu bilden, um dadurch eine Verbindung eingehen zu können.

Die Verschiedenheit von Mensch und Welt ist erst dann entstanden, als der Mensch sich durch sein Selbstbewusstsein (nicht Selbstvertrauen sondern „das Bewusstsein vom Unterschied, und das Bewusstsein der Qualität des Unterschiedes, vom Selbst zu allem anderen“) von der Welt zu unterscheiden lernte. Der Mensch, der um sein eigenes Wesen weiss, der nicht nur denken und nachdenken kann, sondern auch über das Denken nachdenken kann, der unterscheidet sich von der Welt – erstens weil die Welt nicht ein Bewusstsein hat wie der Mensch, und zweitens, weil der Mensch sich selber als von der Welt verschieden wahrnehmen kann. Der Zusammenhang vom Menschen zur Welt, der eingangs erwähnt wurde, fällt dadurch jedoch nicht weg, vielmehr bestätigt er sich.

Es ist also nicht so, dass der Unterschied von Mensch zu Welt schon immer bestanden hätte, und durch das Bewusstsein des Menschen erst erkannt werden konnte; dass der Unterschied also nur offenbar zu werden brauchte, aber immer schon vorhanden gewesen wäre. Stattdessen waren der Mensch und die Welt, ohne das Selbstbewusstsein des Menschen, eine Einheit. Der Mensch bildete sich aus dieser Einheit heraus, er trennte sich von ihr. Der Mensch der nun Ich sagen kann, ist ein Wesen, das sich von der Natur der Welt, und all den zur Natur gehörenden Wesen, unterscheidet. Die Menschheit besteht aus unzähligen Einheiten – den einzelnen Menschen – die sich gegenüber der Einheit Welt finden.

Es gibt nun aber noch ein Weiteres, und dieses zu glauben bedarf wohl Zurückhaltung im Urteil, um es nicht sogleich zu verwerfen. Demnach ist nicht nur die Welt an sich vom Menschen im Bereich des Bewusstseins verschieden, indem sie kein solches Bewusstsein hat, und sie ist nicht nur im Bereich des Bewusstseins verschieden, weil der Mensch ein Bewusstsein entwickelte und sich als von ihr verschieden wahrnehmen kann, sondern sie ist weiter auch für sich selber anders als sie war, als sie mit dem Menschen noch eine Einheit bildete. Der Mensch, der sich von der Welt loslöste, veränderte die Welt nicht nur, weil die Menschheit aus der weltlichen Einheit eine Zweiheit machte, sondern er veränderte die Welt an sich; respektive die Welt veränderte sich für sich, als sie den Menschen nicht mehr in gleicher Weise als ein Teil von sich hatte. Das heisst: die Welt war, als der Mensch noch mit ihr verschmolzen war, als er sich noch nicht als von ihr verschieden verstehen konnte, in tiefster Qualität anders. Die Welt war auf molekularer Ebene anders. Es muss wohl so weit gegangen werden, zu sagen: moderne Physikexperimente hätten in ihr nicht nur andere Messergebnisse, sondern andere Gesetze zutage gefördert. Dies folgt aus der Teilung der Einheit in ein Mehrfaches: die Einheit kann nicht dasselbe bleiben, wenn sich etwas Grundlegendes von ihr ablöst, sie muss notwendigerweise einen gewissen Wandel in jedem Aspekt ihres Wesens, äusserlich wie innerlich, vollziehen. Wohl haben wir bis hier noch nicht zeigen können, dass der Mensch etwas Grundlegendes zur Welt war, oder wie sich Mensch und Welt gleichzeitig und in Abhängigkeit voneinander entwickeln, aber dies wird sich im Verlaufe des der Untersuchung des Anthropomorphismus von sich aus zeigen.

Wo also ist der Zusammenhang in dieser Zweiheit aus Mensch und Welt, und wie verhält es sich mit der Verbundenheit? Denn eingangs wurde behauptet, der Mensch widerspiegele die Welt, wodurch etwas zwischen den beiden sein muss, das Mensch und Welt noch immer verbindet; wenn auch nicht in absoluter Weise, denn sonst würde sich, wie bereits im ersten Abschnitt kurz erklärt, die Zweiheit wieder zur Einheit auflösen; oder die Zweiheit könnte überhaupt nicht erst entstehen. Der Zusammenhang liegt weniger im Wesen der Welt, als er im Wesen des noch nicht zur unabhängigen, separaten Einheit entwickelten Menschen liegt. Der Mensch hat, auch wenn er ein mehr oder weniger zur Unabhängigkeit fähiges Bewusstsein hat, noch immer viele weltliche Anteile. Nämlich all die Teile am Menschen deren Vorhandensein dazu verleiten kann, den Menschen als ein höheres Tier zu bezeichnen: den physischen Körper, der wie das Tier mit allen drei Reichen der Natur ausgestattet ist – dem mineralischen, dem pflanzlichen und dem tierischen Reich.

So haben wir einen sich als Ähnlichkeit ausdrückenden Zusammenhang gefunden, die Ähnlichkeit im Weltlichen, in den Reichen des Weltlichen. Nun ist es aber mehr als eine Widerspiegelung des Weltlichen, wenn der Mensch sich in der Natur widerspiegelt findet, denn er sieht nicht nur die Ähnlichkeiten, die er zu Tieren, Pflanzen oder gar Mineralien haben mag, sondern er sieht Ähnlichkeiten im Wesen, in der Essenz, denn er sieht nicht nur die drei Reiche, sondern auch ein viertes, zu dem auch er gehört, mit dem zusammen er sich von den anderen dreien abhebt: er sieht andere Menschen, und er sieht deren Schöpfungen, und er sieht die Wirkungen seines eigenen Handelns auf die anderen Menschen, und er sieht seine eigenen Schöpfungen, und er sieht schliesslich, wie seine eigenen Schöpfungen mit den, und auf die Schöpfungen anderer Menschen wirken.

Wenn wir Welt sagen, so können wir also nicht von der Welt sprechen, wie sie einem einzelnen Menschen erscheint, in der er allein ist, sondern wir sprechen von der Welt als dasjenige, das nicht von der Menschheit, sondern vom Einzelnen verschieden ist. Dies, weil der Mensch eben nicht allein, sondern mit der Menschheit zusammen auf der Welt ist – und die Menschheit als ein Ganzes nicht rechtmässig Ich sagen kann. Die Menschheit die als ein Ganzes Ich sagen könnte, die wäre durchaus so verschieden von der Welt, wie es der Einzelne ist. Aber nur der Einzelne kann das, und so ist nur der Einzelne von der Welt verschieden, nicht aber die Menschheit. Der Mensch könnte sich nicht in seinem ganzen Wesen in der Welt widerspiegelt sehen, wenn die Menschheit nicht zur Welt gezählt werden könnte. Die Menschheit wie der Einzelne mag sich von der Natur unterscheiden, aber von der Welt unterscheidet sich die Menschheit nicht, sie gehört zu ihr. Der einzelne Mensch aber, den unterscheiden wir von der Welt (wie auch von der Natur), das heisst: von demjenigen, das aus Natur und Menschheit besteht. Hier haben wir also den Zusammenhang zwischen Mensch und Welt, und dies wird im folgenden die Grundlage für unsere Begriffe bilden.

Hier finden sich also Kategorien, die sehr ungewöhnlich sind. Der Einzelne steht neben der Welt, aber die Gattung Menschheit, zu der der Einzelne gehört, steht unter der Welt, neben der Gattung Natur; während die Natur in gewisser Weise der Menschheit untergeben ist, nicht aber dem einzelnen Menschen. Die Hierarchie solcher Kategorisierung ist drunter und drüber, aber ändern lässt sich daran nichts.