Das Wort ‘Gesetz’ gilt für das Gesetzte, das Festgelegte. Er bezeichnet jene Dinge, welche sich so langsam ändern, dass man sie als Grundlage für anderes gebrauchen kann. Für die Naturwissenschaften sind Gesetze etwas sehr Wichtiges, um davon ausgehend über Dinge zu lernen, welche sich dem Auge im ersten Moment vielleicht verbergen. Dort, wo die WA exakt sein müssen, ist es ein sehr wichtiges Wort.
Ein anderes Verständnis von Nomos ist Brauch, Übereinkunft, für jene Gepflogenheiten, welche sich bewähren.
Wo dieses Wort somit nicht angebracht ist, ist überall da, wo sich stets Veränderung vorfindet. Da wo sich die Dinge verändern, sollte man nicht von der Nomos, vom Gesetz, sprechen, sondern von der Regel. Und dies trifft überall da zu, wo es darum geht, das Verhalten der Menschen in der einen oder anderen Weise zu steuern. Dieses Steuern ist stets im Wandel, mal will man jenes erreichen, mal will man dieses vermeiden. Wenn es um Rechte und Regeln geht, so ist das Verwenden vom Wort ‘Gesetz’ nicht die beste Verwendung jenes Wortes.
Das Wort ‘Gesetzsprechung’ ist ein Oxymoron, es ist ein Widerspruch in sich. Ein Gesetz kann nie die Bedingung in sich tragen, ausgesprochen werden zu müssen, um überhaupt zu sein. Ein wahres Gesetz ist einfach. Es stellt sich die Frage, ob ein Gesetz nicht etwas so Hohes ist, dass eine Gesetzgabe von Beginn an, selbst für etwas Göttliches, nicht möglich ist. Dass ein Gesetz also vielleicht sich selbst gibt, aus einer Notwendigkeit heraus.
Die Verwendung dieses Wortes für politische Entscheidungen illustriert, wie selbstzufrieden die Politik, welche Regeln erfindet, ihre eigene Arbeit bewertet. Die Verwendung des Gesetzesbegriffs für reines Regelnmachen zeichnet einen gewissen Hochmut all jener vor, welche sich in ihrer Selbstsicht für berechtigt erachten, anderen Menschen ihre Wünsche und Ängste aufzudrängen. Sie machen nicht Gesetze, sie machen Regeln. Diese Regeln haben oftmals leider mehr mit jenen zu tun, die sie schaffen, als mit jenen, die sie letzten Endes betreffen.
Regeln brauchen keine Gewalt, um sie durchzusetzen, wenn diese Regeln ‘naturkongruent’ sind, d.h. nicht gegen die Natur der Dinge verstossen. Nur für naturwidrige Regeln reicht es nicht, allein mit Überzeugung oder Bildung zu arbeiten. Und wenn es um Regeln geht, welche wirkliche Verbrechen betreffen, wenn also Gewalt an Person oder Eigentum angetan oder angedroht wird, oder zu Gewalt aufgerufen wird, so findet man sich im Begreich der Naturkongruenz, wo Ursache in klarer Weise auf Wirkung stösst, und erstmals gestoppt werden muss. Nur wo Gewalt ist, kann Gewalt greifen, überall sonst schafft sie mehr Probleme als sie löst.
Wie soll man eine Regel nennen welche gegen die Psychonomie, die Gesetze der Psyche, verstösst? Es ist das Gegenteil einer Regel, es ist Unordnung. Welcher Rechtsgeber, oder besser: Regelmacher, studiert schon die Psychonomie, bevor er eine neue Verordnung auspricht? Die Psychonomie gibt es als Disziplin noch nicht einmal, und die Psychologie kommt sehr häufig auf absolut überraschende Ergebnisse, was darauf hinweist, dass sie die Gesetze der Psyche noch kaum wirklich versteht. Oftmals ist das Schaffen und Abschaffen von Regeln ein einziges soziales Experiment – man versucht über Versuch und Irrtum herauszufinden, was funktioniert und was nicht.
Eine Gesellschaft sollte jedoch nicht als Spielfeld für praktische soziale Experimente gesehen werden. Stattdessen sollte man sich genau überlegen, welche unbeabsichtigte Konsequenzen neue Regeln haben könnten, und wenn man sich darin nicht sicher ist, das Formen neuer Regeln unterlassen, und weiter am Thema studieren. Das soziale Experiment mit Menschen, welche nicht widersprechen können, sollte, wenn es überhaupt jeglichste Berechtigung hätte, das allerletzte Mittel sein, und nicht das allererste, wie es in der Gegenwart der Fall ist.
In der modernen Gesellschaft sind Politiker jedoch, um einen bildlichen Vergleich zu machen, wie Ärzte des Mittelalters, welche mit unpassendsten Werkzeugen und falschesten Annahmen Patienten aufschneiden, deren Körper sie kaum verstehen. Wer nun meint, dass ein solcher geschichtlicher Abschnitt für die Gesellschaft notwendig sei, dass man da, bildlich gesprochen, mit einem dreckigen Skalpel in der Gesellschaft herum stochern muss, um irgendwann etwas gelernt zu haben, der missversteht, wie Erkenntnis erreicht wird. Studieren bringt mehr als Stochern, so sollte Ersteres vor Zweiterem kommen. Und das Zweite sollte, wenn möglich, doch gleich ganz vermieden werden, bis man durch ein ernsthaftes Studium der Gesetze der Psyche – ein Studium das es bis jetzt nur in Ansätzen gibt – genügend von dieser versteht.
Das Wort ‘Gesetz’ sollte also für die Wissenschaften reserviert werden, und den Weg aus der Rechtsprechung hinaus finden. Er gehört da nicht hin.
Unter den Regeln kann man unterscheiden zwischen vernünftigen (erwirkt durch Überzeugung), traditionellen (erwirkt durch Mitteilung) und erzwungenen (erwirkt durch Drohung). Eine vernünftige kann nur sich selbst sein, eine traditionelle ist immer traditionell und kann dazu auch vernünftig sein, und eine erzwungene ist immer erzwungen und kann sich aus allen dreien zusammensetzen. Erzwungene Regeln sind das, was man unter dem dazu unpassenden Wort Gesetz zusammenfasst.
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