Ideologie ist die Lehre der Ideen, auch: Studium der Lehre der Ideen. ‘Die’ Ideologie ist nicht eine einseitige Weltanschauung, sondern ein Hauptaspekt des Idealismus, der sich über alle WA ausdehnt, da alle WA durch Ideen formuliert werden (ohne dass diese dadurch idealistisch werden müssen).
‘Eine’ Ideologie repräsentiert eine Ansammlung von Ideen und Idealen zu einem Weltbild, an ihr ist nichts notwendigerweise an sich Abwertendes, Parteiisches oder Einseitiges, auch wenn sie aus verschiedenen Gründen in bestimmte Richtungen mangelhaft sein kann.
Inhalt
Ideologie ist weder Doktrin noch Dogma
Sie wird spätestens seit anfangs zwanzigstes Jahrhundert, wo durch die fortwährende Partisanisierung der Gesellschaft (zum Zwecke kompetitiver, tyrannischer oder revolutionärer Gesellschaftssysteme) viele Begriffe ihre eigentlich neutrale Bedeutung in etwas zum Handeln Anregendes umgewertet sahen, fast immer verwendet für etwas, das als ‘Doktrin‘ (Ansammlung festgelegter Prinzipien oder Dogmata eines Wissensgebietes) oder ‘Dogma‘ (erledigte Meinung; ein nachdrücklich als abgeschlossen behauptetes Prinzip) bezeichnet werden sollte.
Unsere ‘Politik’ ist apolitisch, und Ideologie ist weit mehr als sie
Weiter, und hier kommt die Absurdität der Begriffsverständnisse der Gegenwart zur Geltung, wird sie für ‘politische’ Schemata verwendet, obwohl gerade solche meist apolitisch weil privatistisch sind, weil das Politische 1) keine Parteienbildung, 2) keine Inaktivität oder ungleiche Teilnahme an sich durch Bürger, und 3) keine Mittelbarkeit (durch Dritte oder sonstwie indirekt repräsentierte, ‘vermittelte’ Haltungen) erlaubt. Unsere ‘Politik’ geschieht in der Praxis hinter unzähligen verschlossenen Türen, und ist dadurch das Gegenteil von Politik: sie ist Privatismus. So wird die Ideologie auf etwas beschränkt, das wiederum selber dem eigentlichen Sinn des eigenen Begriffs widerspricht. Die Möglichkeiten für Missverständnisse gehen dadurch bereits (nicht in das Unendliche aber) ins Grenzenlose.
Ideatrie
Um zu beschreiben was abwertend als Ideologie bezeichnet wird, wird hier stattdessen das Wort ‘Ideatrie‘ (aus ἰδέα idea “Form, Muster” und λατρεία latreia “Verehrung”) vorgeschlagen, woraus sich ein ‘Überbewerten der Wichtigkeit einer Idee’ ergibt.
Die Ideatrie ist der Hebel, der unter den Rationalismus geschoben wird, um den Rationalismus in sein Gegenteil zu verkehren: den Irrationalismus. Die Ideatrie gebraucht den Rationalismus um ihn zu etwas zu verzerren, das ihm streng widerspricht. Sie ist das Werkzeug gesellschaftlicher Machtkonzentrationen (‘Machtpolitik’, da Politik dem Begriffe nach keinen Bezug zu Macht hat, versuche ich ihn zu vermeiden), um grössere Menschengruppen zu öffentlicher Aktivität zu bewegen, und häufig ist die Auswirkung der dafür notwendigen Ideatrien das irrationale Denken, und daraus dann das kämpferische oder gar gewalttätige Tun.
Ideatrien sind hypnotische Werkzeuge für Menschengruppen. Es ist weitaus leichter ideatrisch zu argumentieren als sachlich, zuhörend, hingebend usw. So ist den meisten Menschen nicht bewusst, dass sie auf andere hypnotisch sprechen, wenn sie ideatrische Parolen und Wahlsprüche von sich geben. Auch Politikern ist es selten bewusst, was ihre Rhetorik in den Köpfen der Menschen manchmal an Schaden anrichten kann. Und gerade weil die hypnotische Wirkung so einfach ist, und weil sie durch moderne Medien ein Mehrfaches an Wirksamkeit gewonnen hat, ist die Ideatrie heute der Normalfall. Den Menschen ohne partisane ‘politische Meinung’ wird man heute kaum finden. Jeder hat gewisse Sympathien und Abneigungen, obwohl niemand vollauf mit einer bestimmten Seite einverstanden sein kann, ohne gewaltige Kompromisse in rationalen, oder schlichtweg logischen Gedankengängen machen zu müssen. Menschen, die solche Kompromisse machen, sind in einem Zustand ‘kognitiver Dissonanz’. Es ist ein unschöner Zustand, sie verkommen zu ideatrischen Hüllen, die sich allein über ihre Mitpartisanen zu identifizieren wissen.
Ein erstes Erlebnis der Wirksamkeit der Ideatrie, durch die modernen Kommunikationsmittel des Staates, hatte die Welt mit dem Nationalsozialismus des ‘dritten Reiches’. Die Lektion daraus war unter vielem anderen, dass die hypnotische Effektivität von Massenmedien erschütternd ist. Es ist für grössere wie kleinere Populationen sehr schwierig sich dagegen zu verteidigen, ohne mit ‘Gegenhypnosen’ aufzufahren, die wiederum von machthungrigen Menschen missbraucht werden können.
Tendenziell ist es empfohlen, speziell der eigenen Seite gegenüber etwas skeptischer zu sein, ohne aber sogleich der Gegenseite blind zu glauben. Für mich und die meisten Leser gilt damit, den Westen mit vorsicht zu beäugen, und besonders dann Selbstkritik zu wagen, wenn die ‘Anderen’ niederträchtig zu sein scheinen.
Kommentare