Wissenschaft und Methode 5: Phänomen

  1. Materialismus
  2. Institutionen
  3. Objektivität
  4. Erkenntnis
  5. Phänomen
  6. Zusammenfassung

Im letzten Artikel wurde begonnen, über die Spiegelung von Erkenntnis zu sprechen. Die Idee ist, dass einem die Aussenwelt Erkenntnisse über einen selber gibt, während die Selbstreflektion zu Erkenntnissen über die Welt führt. Man sollte denken, dass das eigentlich eine verkehrte Sache sei, dass Erkenntnis über etwas gerade dort aufkommt, wo eben nicht hingeschaut wird.

Das Ziel dieser Artikelserie ist es, herauszufinden, was eine bessere Methode, als eine tiefer liegende Grundlage, ausmachen sollte.

Die Artikelserie hat mit dem Materialismus begonnen, und nun sind wir beim Phänomenalismus, bevor wir zum Schluss kurz alles zusammenfassen. Der Phänomenalismus ist die WA, welche sehr gut dazu geeignet ist, all das zu verstehen, was die Wirklichkeit der physischen Welt anbelangt. Der Realismus hat ebenso einige deutliche Vorteile für die Wissenschaft gegenüber dem Materialismus, jedoch hat der Realismus noch andere Aufgaben, als nur das Studium des Wirklichen. Er hält ausserdem ein Gleichgewicht zwischen dem Geistigen und dem Materiellen, und geht ungern dazu über, sich für das eine oder das andere mit Deutlichkeit zu entscheiden.

Den Phänomenalismus kümmern solche Fragen weniger. Soll da streiten wer streiten will, an den Phänomenen ändert das nicht viel. Pierre Alizé setzt sich ein für den Phänomenalismus als die Grundlage von Naturwissenschaft. Wir kommen zum Phänomenalismus als dem Fundament einer neuen Methode. Man sollte hier einwenden, dass eine einzelne WA möglicherweise eine nur ungenügende Grundlage bieten kann, um für alle Wissenschaft zu gelten. Wenn mit dem Materialismus doch ein Problem bestand, warum sollte dann nicht auch mit einer WA wie dem Phänomenalismus ein Problem bestehen? Dazu sei gesagt, dass der Phänomenalismus nicht bis zur Anwendung für alles gelten soll, sondern nur für die Wissenschaften, welche sich mit dem Wissen über das Wirkliche beschäftigen. Damit sei nichts gegen andere Gebiete, wie die Psychologie, Historie, Jura und viele andere gesagt. Aber diesen anderen steht nicht die Untersuchung der Wirklichkeit im Zentrum. Sie studieren z.B., was “wichtig” ist, was “wirklich war”, was “vom Wirklichen als wichtig argumentiert werden kann” usw, nicht was “wirklich” ist. Die Naturwissenschaften werden hier sagen, dass das “Wirkliche” das “Wichtige” ist. Aber es lässt sich nicht abstreiten, dass das nicht überall zutrifft. An so manchen Orten ist wichtiger, wie die Welt verstanden wird, als wie sie ist. Wenn hier also von Wissenschaft gesprochen wird, so wird davon in der reinsten Form gesprochen, nämlich als Erstes die Naturwissenschaften betreffend. Und was diese Wissenschaften zur Natur, zum Wirklichen, angeht, da ist der Phänomenalismus wohl das Angebrachte.

Der Phänomenalismus ist zumindest für Naturwissenschaften angebracht, weil ihm die Erscheinung als Wahrheit gilt. Und die Erscheinung geht mit der Akzeptanz des Wissenschaftlers als den Dreh- und Angelpunkt in aller Forschung einher. Am Wissenschaftler und seinem Wesen liegt es, die Forschung zu etwas zu bringen, die Welt so zu verstehen, wie sie ist. Um den Phänomenalismus als Fundament für andere, spezifischere Methoden zu gebrauchen, muss dieser bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Was der Phänomenalismus will, ist die Anerkennung der Gültigkeit der ‘Erscheinung’. Was Erscheinung ist, und wie wahr sie ist, das kann man bei Goethe lernen. Hier sollte näher darauf eingegangen werden, jedoch fehlen noch einige wichtige Bausteine um dies zu tun.

Die Methode, die nun nötig ist, stellt den Wissenschaftler in den Vordergrund. Sie legt weit mehr Wert auf sein Wesen, sein Vorgehen, die Art, wie er persönlich an sein Themengebiet heran geht usw., als auf die Materialität seiner Beweise. Es spielt keine Rolle, welche Disziplin es ist, Naturwissenschaft gehört durch den Phänomenalismus unermauert.

Nach dem Naturphilosophen Pierre Alizé erfüllt der Phänomenalismus diese Forderung nach der Gültigkeit der Erscheinung – Alizé sagt, dass es keine optischen Täuschungen gibt. Alizé gibt zum Thema ‘Täuschungen’ das Beispiel der Fata Morgana. Er sagt: das ist keine Täuschung, es ist eine Luftspiegelung. Die Spiegelung gibt es in der Wirklichkeit, nicht nur im Kopf eines Betrachters. Sieht man ein Spiegelbild in einem gläsernen Spiegel, so nimmt man auch nicht an, dass da eine Täuschung wieder gegeben wird, nur weil da nicht die Dinge in der Art hinter dem Spiegel vorhanden sind, wie der Spiegel einem sagt. Alizé meint nun, dass etwas wie eine Fata Morgana keine optische Täuschung sei, sondern Spiegelung, oder dann falsche Interpretation von dem, was die Wirklichkeit einem zeigt.

Man muss mit dem Wahren vorsichtig sein, um nicht zu schnell in das Okkulte zu kommen. Das Modell führt schnell in den Okkultismus. Der Okkultismus verlangt vom Menschen einen sehr sicheren Gang, weil der Weg im Okkultismus einer ist, auf dem sehr wenig deutlich auszumachen ist. Nach einem der Schemata der WA, wird der Materialismus eines Tages seine Krönung durch den Okkultismus erreichen, ähnlich wie der Spiritualismus durch den Gnostizismus eine Krönung erreichte, in der Zeit die man als die Gnosis bezeichnet. Jedoch scheint der Materialismus für eine solche Krönung noch nicht bereit zu sein. Zuerst braucht er sehr viel wahrere Grundlagen, als er heute hat. Der Materialismus hat in der Gegenwart, anders als viele denken, wenig echtes Wissen über sich selber. Er hat dafür sehr viel funktionierendes, anwendbares Wissen.

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