3.5.1.2-13 Subjektivität, Objektivität, Aprosität 3

In den letzten zwei Artikeln wurde angeschaut, wie mit dem Internet eine Enwicklung geschehen ist, welche vom Menschen verlangt, dass er in einer bestimmten Weise mit Information, d.h. mit seiner Aussenwelt, umgehen muss. Es wurde beschrieben, wie es nicht mehr reicht, einerseits sich selbst zu sehen, und dann andererseits einfach alles da draussen zu sehen. Der Mensch des Altertums war Teil der Welt, und dann wurde von der Philosophie ganz genau untersucht, wie sich der Mensch von seiner Umgebung durch das Mittelalter hindurch abgespaltet hat, sein “Eigener” geworden ist, wie Stirner sagen würde. Diesen Gedanken haben wir nun weiter geführt, und wir unterscheiden in der Welt ausserhalb des Menschen, ausserhalb des Subjekts, nun noch etwas Zusätzliches. Die Aussenwelt ist nicht mehr nur einfach dasjenige, das da ausserhalb vom Menschen ist, sie lässt sich wieder in zwei sehr allgemeine Kategorien einteilen: die Aussenwelt, die erreicht werden kann, und die Aussenwelt, die nicht erreicht werden kann. Und die Aussenwelt, die erreicht werden kann, nennen wir die Objektivität, und die Aussenwelt, die man nie oder noch nicht erreichen kann, nennen wir die Aprosität.

Nun können wir vom einzelnen Menschen oder von der Menschheit als Ganzes sprechen. Und je nachdem, wovon wir sprechen, hat die Aprosität einen anderen Charakter. Sprechen wir von der Menschheit, so hat die Aprosität einen allgemeinen Charakter, sprechen wir vom einzelnen Menschen, so hat sie einen individuellen Charakter. Für die Untersuchung, was Aprosität ist, ist es einfacher, von der individuellen Aprosität zu sprechen, weil dann nicht berücksichtigt werden muss, was alles in der Geschichte der Menschheit schon gedacht wurde, oder was alles für die ganze Menschheit möglich wäre. Für den einzelnen Menschen sind die Grenzen einfacher auszumachen.

Man kann von unserer Aprosität sagen, dass sie etwas mit dem Menschen zu tun hat, indem sie definiert, welchen Bereich das Subjekt nicht erreichen kann. Diese ‘individuelle’ Aprosität bezieht sich somit auf ‘ihren’ Menschen, genauso, wie das die Objektivität tut, und wie es auch die Subjektivität tut. Von der ‘allgemeinen’ Aprosität kann man sagen, dass sie sich in gleicher Weise für die ganze Menschheit so verhält, wie sich die individuelle Aprosität für den einzelnen Menschen verhält.

Die Aprosität lässt sich nun weiter unterteilen. So haben wir sie unterteilt in die individuelle und die allgemeine, nun kommt noch die Unterteilung in die verschiedenen ‘Potentiale’ hinzu. Wir finden deren zwölf Möglichkeiten (wie könnte es auf dieser Webseite auch anders sein..). Für fünf von ihnen finden wir eine Zuordnung, die anderen sieben sind jedoch nicht möglich.

So gibt es die zwei groben Unterteilungen ‘mit Potential’, und ‘ohne Potential’. Für die Aprosität finden sich zwei Potentiale, für die Subjektivität findet sich ein Potential, und für die Objektivität finden sich wiederum zwei Potentiale die möglich sind. Warum das so ist, und was diese Potentiale sind, soll im Folgenden etwas näher betrachtet werden. Zum Schluss findet sich eine Auflistung aller zwölf möglichen Kombinationen. Im Folgenden wird für jede einzelne Kombination angeschaut, ob sie ihre Entsprechung in der Realität findet.

Hat man eine Aprosität, welche ausserhalb dessen liegt, das jemals von einem Menschen erreicht werden kann, so hat man eine Aprosität “ohne objektives Potential”. Das bedeutet, dass das Subjekt sein Bewusstsein niemals darauf ausstrecken kann – das Aprositäre ist zu weit vom Subjekt entfernt. Das Ich kann sich mit einer Aprosität ohne objektives Potential nie vermischen. Eine solche Aprosität ist möglich.

Hat man eine Aprosität, welche von einem Subjekt berührt werden könnte, dies aber in einem bestimmten Bereich zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht geschehen ist, so hat man eine Aprosität mit objektivem Potential. Das Subjekt könnte sein Bewusstsein darauf ausstrecken, aus irgendeinem Grund ist ein solches Ausstrecken jedoch für diese oder jene Sache noch nicht geschehen. Für die Aprosität haben wir nun diese zwei möglichen Potentiale.

Nun stellt sich die Frage, ob es denn etwas geben kann, dass man nur subjektiv erfassen kann, aber nicht objektiv. Also als eine Subjektivität ohne objektives Potential. Hier seien die zwei Definitionen von Subjektivität, wohl etwas verspätet, aufgeführt (und sogleich angepasst): 1) subjektives Wesen (einer Sache), oder: das Subjektivsein: die Subjektivität jeder Wahrnehmung 2) subjektive Haltung; das Subjektivsein: jemandem Subjektivität vorwerfen.

Die erste Definition ist wenig nützlich, weil doch alles vom Bewusstsein Aufgenommene durch die Wahrnehmung hindurch geschieht. Goethe hat sich viele bereichernde Gedanken dazu gemacht, wie sich Wahrheit durch Erscheinung kund tut. Und damit ist nicht subjektive Wahrheit gemeint. In der (äusserst vereinfachenden) Artikelserie “Wissenschaft und Methode” wird dies noch einmal erwähnt. Die Definition durch die Haltung ist da wesentlich nützlicher, denn sie ist nicht gezwungen zu sagen, dass das Bewusstsein etwas wahrgenommen hat, und deswegen nicht mehr objektiv ist. Sie lässt es dem Menschen frei, wie das Bewusstsein mit dem Wahrgenommenen umgeht, ob sie es zu sich zieht, oder ob sie zu ihm geht. Wir sprechen also nicht vom Subjekt als das Ich des Menschen, oder gar dem ganzen Menschen, sondern vom Inhalt, der dadurch entstand, dass das Ich das Ding zu sich genommen hat. Wir fragen also nicht: hat der Mensch als ein Wesen das Potential objektiv zu sein? Wir fragen hier stattdessen: hat der Inhalt, der durch die Vermischung von Ich und Ding im Subjekt entstand, das Potential zu einem objektiven Inhalt zu werden?

Und hier entstehen wieder zwei Unterteilungen. Für die eine sagen wir: ja, hier haben wir Subjektivität mit objektivem Potential, und für die andere sagen wir: nein, hier haben wir kein solches Potential, hier haben wir Subjektivität ohne objektives Potential. Wir fragen erstmals also: gibt es Subjektivität mit objektivem Potential? Kann etwas, das subjektiv aufgefasst wird, umgewandelt werden in etwas, das objektiv aufgefasst wird. Die Antwort ist ja, das kann sein, das geschieht sogar sehr oft, dass man zuerst die eigene Haltung zu etwas hat, und dann überlegt, wie es denn von der anderen Seite aus aussehen könnte.

Gibt es Subjektivität ohne objektives Potential? Denkt man sich, wie ein Subjekt sich ein anderes Subjekt vorstellt, so hat man einerseits wohl Subjektivität, weil sich das Bewusstsein auf ein Subjekt bezieht, andererseits wohl deswegen, weil diese Vorstellung über das andere Subjekt der Komplexität jenes Subjekts wegen unschaf sein muss. Subjektivität ist jedoch etwas anderes als die Schärfe oder die Genauigkeit, die man von der Objektivität abzieht. Es darf nicht gelten, zu sagen, dass allein wegen der Komplexität des anderen Subjekts in der Vorstellung nun Subjektivität vorhanden sei. Was anderes aber als Subjektivität ist denn die Vorstellung? Die Vorstellung ist doch bei mir, nicht da draussen. Was aber ist dann die Objektivität? Ist sie nicht auch Vorstellung, wo lediglich die Sache zuerst kommt, und dann das Ich, das sich damit vermischt? Beides ist Vorstellung. Wo also, in der Wirklichkeit, kommt das Ich zuerst, womit sich dann das Objekt vermischt, ohne dass die umgekehrte Reihenfolge möglich ist?

Wir haben also eine Vorstellung, in welche die Sache in das Subjekt hinein gezogen wird, wo es aber nicht möglich ist, dass das Ich zur Sache hingehen kann. Das ist unmöglich: denn wenn das Ich die Sache zu sich ziehen kann, so kann es auch zu der Sache hingehen. Folglich hat man immer wenn man Subjektivität hat, Subjektivität mit objektivem Potential. Wir haben hier für die Subjektivität vorerst somit eine mögliche Unterteilung weniger, als wir für die Aprosität haben.

Nun gehen wir weiter zu der Objektivität. Auch hier versuchen wir die zwei Unterteilungen zu finden: gibt es Objektivität mit subjektivem Potential, und gibt es Objektivität ohne subjektives Potential? Es gibt durchaus Objektivität mit subjektivem Potential, denn man kann zu einer Sache hin gehen, und dies danach nicht mehr tun, und die Sache dann stattdessen zu sich ziehen. Tatsächlich ist das für alle Objektivität der Fall. Folglich gibt es keine Objektivität ohne subjektives Potential. Wir drehen einfach um, was wir vorhin für die Subjektivität gesagt haben, und wenden es auf die Objektivität an. Damit hat Objektivität immer subjektives Potential, wie auch die Subjektivität immer objektives Potential hat.

Gibt es aber Objektivität mit aprositärem Potential? Dies macht im ersten Moment vielleicht keinen Sinn, da es bedeuten würde, dass das Bewusstsein zum einen Zeitpunkt sich auf das Ding erstrecken konnte, und dies später auf einmal nicht mehr möglich ist. Es widerspricht auch dem Begriff Potential, wenn von einem Rückschritt gesprochen wird, man würde fragen: hat die Objektivität das Potential, einen Verlust zu erleiden? Oder: hat sie ein negatives Potential? Betrachtet man dies so, so sollte man das eigentlich schon eingestehen: was wenn die Menschheit eine bestimmte Sache auf einmal nicht mehr wahrnehmen kann? Dann haben wir durchaus etwas, das Aprosität geworden ist, z.B. die Idee von Göttlichem für die Moderne. Denkt man das streng weiter, so hat eigentlich jede Objektivität das Potential dazu, wieder aprositär zu werden, wieder aus dem Bewusstsein des Menschen zu verschwinden. Verlangen wir für die Frage der Objektivität zur Aprosität eine Antwort, so muss die Antwort also sein: jede Objektivität hat ein aprositäres Potential. Objektivität ohne aprositäres Potential gibt es somit nicht.

Folgendes gibt es somit nun:

  • Aprosität mit objektivem Potential x
  • Aprosität ohne objektives Potential x
  • Subjektivität mit objektivem Potential x
  • Objektivität mit subjektivem Potential x
  • Objektivität mit aprositärem Potential x

Nun gehen wir weiter, und stellen Subjektivität und Aprosität gegenüber. Gibt es Subjektivität mit aprositärem Potential, und gibt es Subjektivität ohne aprositäres Potential? Ist es in anderen Worten möglich, dass man als Subjekt das eigene Bewusstsein auf einen Teil des eigenen Wesens niemals ausstrecken kann? Das hängt davon ab, was wir unter Subjektivität verstehen. Verstehen wir darunter jede Art von Bewusstsein, oder nur jene, unter dem Verstand? Würden wir nur den Verstand darunter verstehen, so müssten wir das bewusste Bewusstsein ganz deutlich vom Unterbewusstsein abgrenzen können. Weil die zwei jedoch ineinander spielen, wollen wir die Finger von einem solchen Vorhaben lieber weglassen. Nun stellt sich die Frage, ob das Unterbewusstsein sich selbst komplett kennt. Oder ist es möglich, dass die Zeichnung ganz oben im Artikel eigentlich so aussehen sollte, wo im grünen Subjekt drinnen mit einem kleinen weissen Kreis eine weitere Aprosität drin ist:

Das ist sehr schwer zu wissen. Und da es so okkult zu sein scheint, wollen wir auch hier vorerst eine Untersuchung meiden, und davon ausgehen, dass unser Unterbewusstsein dem Ausmass seines eigenen Wesens bewusst ist, und dies als einheitliche Subjektivität, und nicht als ‘Aprosität innehabend’ gelten soll. Die Antwort soll, mangels besseren Wissens, vorerst ohne weitere Begründung also sein, dass unsere Subjektivität stets ohne externales Potential ist.

Vielleicht wird sich jemand denken: ja, wenn da die Aprosität in der Subjektivität drinnen sein kann, warum kann nicht auch die Objektivität in der Aprosität drinnen sein? Die Verlockung ist gross, sobald man ein Modell hat, speziell wenn dazu ein einfaches Schema kommt, innerhalb des Modells die Gedanken weiter zu führen. Nun, irgendwann muss man aufhören alles immer weiter zu denken, und die Dinge so nehmen, wie sie sich ergeben, nicht, wie sie sich ins Unendliche extrapolieren (theoretisch ausweiten) lassen. Und man sollte den Gedanken lieber vom Wirklichen ableiten, als von der Logik eines Bildes (Edit: im nächsten Artikel wird ersichtlich, wie unser erstes Schema in die Irre geführt hat). Schliesslich ist vielleicht die Idee der Aprosität an sich schon eine Art Erbsenzählerei, und unnötig. Lassen wir es also dabei sein, dass wir die Subjektivität in diesem Artikel vorerst als etwas in sich Abgeschlossenes annehmen.

Stellen wir nun die letzte Frage in dieser Gedankenfolge: gibt es eine Aprosität mit subjektivem Potential, und gibt es eine Aprosität ohne subjektives Potential? Da dies lediglich eine Umkehrung der soeben gestellten Fragen ist, müssen wir antworten: wir wissen es ohne weitere Überlegungen nicht, aber wir werden vorerst davon ausgehen, dass ersteres nicht möglich ist, dass also die Aprosität niemals subjektives Potential hat. Denn wir müssten dazu Fragen zu dem selbst dem Unterbewusstsein unbekannten Teil des Unterbewusstseins (das ist die Aprosität des Subjekts) beantworten, und das ist durch Gedanken des Bewusstseins äusserst schwierig. Vielleicht kann man sich dem Thema jedoch mit Logik oder natürlichen Äquivalenzen annähern.

Auch wenn wir die ‘Aprosität mit subjektivem Potential’ aus der Sicht des Aprositalen betrachten, dass also die Aprosität, die ausserhalb der Objektivität liegt, auf einmal im Subjekt drinnen auftauchen kann, ist da eine Hürde für die Vorstellung, dass die Aprosität diesen Weg machen kann, ohne über die Objektivität zu gehen. Vielleicht liegt das Problem beim Schema, das einen dazu verleitet, räumlich zu denken, für ein Problem, das überhaupt nicht räumlicher Natur ist.

Folgendes gibt es somit also nicht:

  • Aprosität mit subjektivem Potential 0
  • Subjektivität mit aprositalem Potential 0
  • Subjektivität ohne objektives Potential 0
  • Objektivität ohne aprositales Potential 0
  • Objektivität ohne subjektives Potential 0

Und diese zwei gibt es:

  • Aprosität ohne subjektives Potential x
  • Subjektivität ohne aprositales Potential x

Wir haben also zwölf mögliche Kombinationen, fünf davon gibt es, drei gibt es nicht, und bei vieren ist es schwer zu sagen, da die Beziehung zwischen Aprosität und Subjektivität zur Zeit dieses Artikels leider noch etwas zu wenig untersucht wurde. Vielleicht findet sich bei Tiefenpsychologen wie CG Jung oder Freud eine Antwort darauf, die das Unterbewusste untersuchten, vielleicht kommt man mit zusätzlichen Überlegungen darauf. Sich mit einer Antwort zu beeilen, wird jedenfalls keine bessere Lösung erbringen. Das Thema sollte jedenfalls nicht als abgeschlossen verstanden werden.

Hier noch einmal die ganze Liste zusammengefasst:

  • Aprosität mit objektivem Potential x
  • Aprosität ohne objektives Potential x
  • Aprosität mit subjektivem Potential o
  • Aprosität ohne subjektives Potential x
  • Subjektivität mit objektivem Potential x
  • Subjektivität ohne objektives Potential 0
  • Subjektivität mit aprositalem Potential o
  • Subjektivität ohne aprositales Potential x
  • Objektivität mit aprositalem Potential x
  • Objektivität ohne aprositales Potential 0
  • Objektivität mit subjektivem Potential x
  • Objektivität ohne subjektives Potential 0

Dieser Artikel ging auf mehr technische Fragen der Aprosität ein. Es ist zu hoffen, dass das Ganze nicht allzu abstrakt geworden ist, oder trotz der Abstraktion dennoch mehr oder weniger verständlich herüber kam.

Im nächsten Artikel muss wohl untersucht werden, wie sich die Subjektivität und die Aprosität zueinander verhalten. Dazu wollen wir dann vielleicht die Tiefenpsychologie zu Hilfe nehmen.

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