Der Psychismus nimmt dort die interessanteste Form an, wo es um den Menschen geht. So ist eine der wohl dringlichsten Fragen des Psychismus: ‘Was ist der Mensch?’
Jede WA findet da ihre eigene Antwort. Manche von diesen Antworten werden angemessen sein, andere weniger. Keine WA wird wirklich falsch antworten, aber viele werden unvollständig antworten. So wird vielleicht auch die Antwort des Psychismus unvollständig ausfallen, aber er hat dennoch eine sehr gute Idee vom Menschen.
Wenn der Phänomenalismus die Gesetze der Erscheinungen betrifft, welche Gesetze betrifft dann der Psychismus? Das Wort ‘Gesetz’ ist im Altgriechischen Nomos, das Wort für ‘Natur’ Physe, die Gesetze der Natur sind damit in der ‘Physionomie’ beschrieben. Der Begriff wird heute im Deutschen nicht mehr verwendet, aber er ist für unsere Zwecke sehr nützlich. Die Physiologie, die Lehre der Natur, wird allgemein als das verstanden, welches das lebendige Körperliche behandelt, während die ‘Physik’ hingegen das tote Körperliche betrifft. Solches Verständnis entspricht jedoch nicht vollständig den Defnitionen. Für uns umfasst ‘Physionomie’ somit Gesetzmässigkeiten alles äusseren Physikalischen, ob lebendig oder tot.
Einen entsprechenden Begriff gibt es auch für die Gesetze der Psyche, diese werden dann in der ‘Psychonomie’ zusammen gefasst.
Der Mensch unterliegt beiden Arten dieser Gesetze, er unterliegt sowohl den Gesetzen der Natur, wie auch den Gesetzen seines eigenen Wesens. Und dort haben wir den Menschen: zwischen diesen beiden Welten, zwischen der Physionomie und der Psychonomie. Der Mensch ist jenes Wesen, das in diesen beiden Welten gleichermassen lebt. Er befindet sich zwischen den beiden, wie auch darinnen.
Wir können diesen Gedanken noch etwas weiter ausarbeiten, und sagen, dass das für den Menschen generell zutrifft, wie er zu den zwölf WA steht: er ist überall zwischen ihnen. Dies stellt den Menschen in die Mitte, zwischen all die WA. Und doch hat ein Mensch nur eine WA, denn er kann nur in eine Richtung auf einmal blicken. Damit haben wir den Menschen ungefähr im Mittelpunkt zwischen den WA, und von dort ist er in eine bestimmte Richtung, zu ‘seiner’ WA, blickend.
Dieses Bild findet man auch bei Pierre Alizé, der dafür das Beispiel eines Leuchtturms bringt: dieser Leuchtturm hat zwölf Fenster, und jedes zeigt etwas ganz anderes. Ein Mensch schaut aus einem Fenster, und sieht dort eine Sache, z.B. eine Wiese. Und so ist für diesen Menschen die Welt eine Wiese, etwas anderes kann er sich nicht vorstellen. Er sieht auf dieser Wiese bestimmt nie einen Meeressäuger. Ein anderer Mensch schaut hinaus zum Meer, und so ist ihm die Welt ein Meer, und Tier ist Delfin, oder sonst irgendwelche Wasserwesen. Es ist dem Menschen nicht möglich, vor einem dieser Fenster zu stehen, und, ohne sich umzudrehen, aus mehreren Fenstern (WA) gleichzeitig hinaus zu schauen. Der Mensch kann sich, dieses Schema verwendend, nur von einem zum anderen Fenster bewegen.
In der Christusgeschichte steht der Christus in der Mitte, und von aussen blicken seine zwölf engsten Jünger, jeder eine bestimmte WA vertretend, zu ihm hin, zum Mittelpunkt des Kreises. Hier, in der Sparte ‘Kontemplation’, wo dieser Artikel veröffentlicht wird, können solche Gedanken gemacht werden. Und dort, inmitten dieser Jünger also, steht dasjenige, das das Unmögliche schafft, nämlich in der Form eines Menschen, eigentlich wirklich als Mensch, alle WA in sich zu vereinigen. Dort hin, zu dieser Mitte, blicken diese Jünger. Symbolisch gesprochen stehen diese Jünger mehr als Verkörperung einer bestimmten WA, denn als Menschen um den Christus herum. In der Anthroposophie wird der Christus gerne auch als der ‘Menschheitsrepräsentant’ bezeichnet, und das ist der nachchristliche Mensch, der mit dem Christus repräsentiert wird. Dieser Mensch steht, die Sprache dieses Schemas verwendend, seit den Ereignissen der christlichen Mysterien nun alleine in der Mitte, dort, wo damals der Christus im Kreis seiner Jünger stand, umkreist von all diesen WA.
Damit haben wir beantwortet, was der Mensch ist. Aber wir haben es nicht wirklich allein aus dem Psychismus heraus beantwortet. Was genau die Psychonomie ist, soll anderswo etwas näher betrachtet werden.