Die drei Seelentöne des Weltanschauungsprinzips (Intuitismus, Naturalismus, Theismus) zeigen uns drei Hauptkategorien des Seins:
- mich
- die Welt um mich und
- den oder die Schöpfer.
Für jeden Menschen gelten diese drei Seinskategorien, wobei wohl niemandem alle drei gleich wichtig sind1.
Was diese drei Welten verbindet, ist die Wahrnehmung.
Inhalt
Der Mensch ist ‘real’
Ein ‘Mensch’ ist in der Weltanschauungssprache ‘real’. Es ist falsch, oder mindestens einseitig, wenn Spiritualisten vom Menschen sagen, dass er ein geistiges Wesen sei. Das heisst, dass das geistige Ich alleine, ohne physischen Körper, nicht ‘Mensch’ ist, und dass gleichsam der Körper, der die Form eines menschlichen Körpers hat, der mit allen Organen und Geweben ausgestattet und lebendig ist, kein Mensch ist, wenn diesem nicht ein Ich zugeordnet ist. ‘Menschsein’ verknüpft Geistiges und Physisches. Selbst beim schlafenden Menschen kann man nicht ganz vom ‘Menschen’ sprechen, auch wenn der Mensch schlafende Phasen benötigt, weil sich im Schlafe das Geistige vom Körper etwas weglöst.
Im Folgenden wird versucht zu erklären, wie wir nur als körperlose Geister unser Ich sind, und wie sich unser Ich von uns (d.h. unserem ‘Bewusstsein’) zur wahrgenommenen Welt hin abtrennt, wenn wir durch den menschlichen Körper hindurch wach sind. Denn keine andere Theorie kann das Problem der Unterbrechung des Bewusstseins während dem Schlafe zufriedenstellend lösen, jedenfalls habe ich bis jetzt keine dazu genügende gefunden.


Wahrnehmung zwischen Bewusstsein und Ich
Das Folgende trifft wohl auf den Naturalismus zu. Ob es auch auf den Intuitismus zutrifft, da bin ich mir alles andere als sicher. Der Satz “schau in dich selbst, erkenne die Welt” widerspricht dem Folgenden, und so wird sich in Zukunft womöglich noch eine Bearbeitung des Artikels für den Intuitismus finden.
Die Wahrnehmung ist, bildlich gesprochen, wie eine Röhre, durch die das Auge etwas anschaut. Eine Röhre hat zwei Enden, das erste Ende ist für unsere Zwecke beim ‘Auge’ (beim Bewusstsein), das zweite beim Wahrgenommenen.

Ist der Mensch bei Bewusstsein, so ist seine Wahrnehmung immerzu auf mindestens eine dieser drei Kategorien ausgerichtet: das Innere, das Äussere oder das Höhere. In diesen drei Welten sind die ‘Wahrnehmungsobjekte’. Nun ist es interessant zu wissen, was denn z.B. auf der anderen Seite der Röhre ist, wenn die Röhre nach innen gerichtet ist, auf das Innere wie unsere Emotionen, Erinnerungen, Gedankengänge usw, die dann die Wahrnehmungsobjekte sind. Denn man muss annehmen, dass, wenn ‘ich’ irgendwo bin, ich am meisten in mir drinnen bin. Da wir versuchen das Bewusstsein vom Ich abzugrenzen, und wir das Ich (für den Moment noch) ins Innere legen, müssen wir nun einen Ort für das Bewusstsein finden. Grenzen wir das Ich mit dem Beispiel des Rohres vom Bewusstsein ab, und setzen wir das Ich in das Innere, so brauchen wir einen Ort für das Bewusstsein, der nicht das Innere ist. Wo also ist mein Bewusstsein, wenn ich mich selbst wahrnehme? Die Antwort ist: wenn ich mich selbst wahrnehme ist mein Bewusstsein draussen, und es schaut von aussen durch die Wahrnehmung in mich hinein, so widersinnig das auch klingen mag.
Nehme ich mich selber wahr, so ist mein Bewusstsein auf der anderen Seite des Wahrgenommenen, es ist auf der anderen Seite der Röhre, und ich ‘sehe’ mich von dort aus. Ich sehe mich von aussen. Nehme ich hingegen die äussere Welt wahr, so ist mein Bewusstsein mehr in mir. Nehme ich mein Inneres wahr, so muss das Wahrnehmende aussen sein, so wie das Auge nur sehen kann, was nicht im Auge ist. Das Bewusstsein ist also nicht notwendigerweise in mir, etwa in meinem Gehirn, sondern eher dort, wo mein Wahrgenommenes weniger ist. Generell ist mein Bewusstsein am meisten in mir, denn vom Äusseren nehme ich generell am meisten wahr. Dies, weil das Bewusstsein als das Wahrnehmende eben auf der anderen Seite zum Wahrgenommenen ist.
Als nächstes fragt sich, ob ‘ich’ – als wacher Mensch in meinem Körper – mein Bewusstsein bin. Die Antwort ist, dass ich ein Bewusstsein habe; dass sich dieses Bewusstsein im Normalfall aber nicht auf mein Ich erstreckt, denn sonst würde ich, logisch argumentiert, im Schlafe entweder mein Ich verlieren, oder unterbruchsfrei bewusst bleiben. Im Schlaf verliere ich nicht mein Ich, da ich sonst sterben würde; und der Schlaf unterbricht mein Bewusstsein. Da der Schlaf existiert, sogar als Notwendigkeit des menschlichen Lebens, und keines der beiden zutrifft, da ich weder das Ich verliere noch das Bewusstsein behalte, sind Ich und Bewusstsein im Wachzustand getrennt, da es dem Ablauf des Schlafes nach Obigem widerspricht, die beiden im Schlafen verschmolzen zu haben. Würde ich im Schlaf das Ich verlieren, würde ich bei meinem ersten Einschlafen versterben, und würde ich im Schlaf das Bewusstsein behalten, würde ich ein Leben ohne Schlaf verbringen. Denn wenn ich während dem Schlafe das Ich nicht verliere (da ich sonst mein Leben verlieren würde), aber das Bewusstsein verliere (weil ich sonst nicht schlafen würde), wie können die beiden dann verbunden sein? Folgt daraus, dass das Ich und das Bewusstsein im Wachen getrennt sein müssen? Das folgt nicht daraus; es zeigt lediglich die Möglichkeit der Trennung der beiden. So kann die Beziehung aus Ich und Bewusstsein argumentativ angeschaut werden. Tatsächlich aber scheinen Ich und Bewusstsein im Schlafe weit näher beeinander zu sein als im Wachen (was obiges Argument argumentativ leider nutzlos macht), aber es hilft, in der richtigen Weise über diese Dinge nachzudenken. Nur ist es ein anderes Bewusstsein, das im Schlafe (oder anderen Arten der ‘Bewusstlosigkeit’, so widersinnig dieses Wort hier auch sein mag) vorhanden ist, das normalerweise keine Kontinuität zum Wachbewusstsein hat.
Das Ich ist ein Geistiges, es ist aber nicht mein Bewusstsein. Was ich als Mensch auf der Welt im Wachzustand als für mich selbstverständlich halte, was als wacher Mensch mein Selbstverständnis für meine Person ist, ist mein Bewusstsein, nicht mein Ich. Was damit gesagt sein will: Was ich den Tag über im Menschenkörper als ‘mich’ empfinde, ist mein Bewusstsein. Als gewöhnlicher, wacher Mensch empfinde ich aber nicht mein Ich als mich.
Wollen wir mit der Sprache präzise sein, so ‘bin’ ich als wacher Mensch mein Bewusstsein, und erlebe mein Ich lediglich auf der anderen Seite dessen. Als nichtwacher Mensch oder als Verstorbener bin ich hingegen gleichsam mein Ich wie mein Bewusstsein, wobei mein Bewusstsein dann davon abhängt, wie gut ich mich in der geistigen Welt zurechtfinde.
Das Ich ist, zusammen mit dem Wahrgenommenen, auf der anderen Seite der Röhre zum Bewusstsein, um weiter das Bild der Röhre zu gebrauchen. Das Ich tritt stets zusammen mit dem Wahrgenommenen auf. So sind das Bewusstsein und die Wahrnehmungsgegenstände (Objekte des Bewusstseins) stets unterschiedlich gelegen. Der betende Mensch schliesst die Augen, weil er sein Bewusstsein auf das Innere richten möchte. Werden die Augen offen gelassen, drückt dies das Ich nach draussen zu den Eindrücken, und das Bewusstsein nach Innen, und was dann wahrgenommen wird, ist das Äussere. Aus dem Grunde werden im Gebet die Augen geschlossen, um das Innenleben besser wahrnehmen zu können.
In anderen Worten tanzt das Bewusstsein mit dem Ich, und es kann das Ich nicht nur wahrnehmen, sondern auch erleben, aber es kann im menschlichen Wachzustand schwerlich das Ich sein.
Erleben und Erlebtes
Gehst Du ins Kino, so schaust Du auf eine Leinwand – wo geschieht nun das Erleben; wo ist das Erlebte? Dein Ich ist nun dort, wo dein Fokus hingeht, denn in einem guten Film vergisst Du, dass Du in einem Sessel sitzt, dass der Junge hinter dir Poppkorn knabbert und Cola schlürft und dergleichen; Du bist in den Film hineingezogen. Aber dein Bewusstsein bleibt im Nichtschlaf bei dir wenn Du nach aussen schaust, da von deinem Bewusstsein deine Wahrnehmung ausgeht – denn sonst würdest Du von der Leinwand aus als Filmcharakter die Umrisse der Kinobesucher und das grelle Licht des Projektors sehen. Dein Ich aber ist beim ergreifenden Film bei den Filmcharakteren auf der Leinwand. Hörst Du den Jungen knabbern und schlürfen, und knallen seine Knie gegen deine Rückenlehne wenn sein Ich vom Film bewegt wird, so ist dein Ich bei den Geräuschen und Bewegungen; also hinter dir. ‘Du’ (im Sinne von Bewusstsein) bist erst bei deinem Ich, Du bist erst dein Ich, wenn Du das Wachbewusstsein verlierst, wie etwa im Tiefschlaf/in Ohnmacht, im Koma oder im Tod. Die nichtwachen Zustände können aber nicht mehr unter das Erleben des Menschseins (“human experience”) geordnet werden, da jenes nach obiger Erklärung das Trennen von Bewusstsein und Ich bedingen. So ‘bin’ ich als (tagwacher) Mensch mein Bewusstsein, aber nicht mein Ich.
Die anthroposophische Ich-Theorie geht dann noch viel weiter mit Ichen und Selbsten, höheren wie gewöhnlichen, wirklichen wie tätigen, die alle vom Begriff “Ich-Organisation” umfasst werden. Wie es sich mit anderen Ichen, Selbsten, Bewusstseinen und Tätigkeiten verhält, hat sich mir bisher noch nicht erschlossen; jedenfalls bestimmt nicht so, dass ich die Kategorien vor mir sehen kann, oder gar ordnen kann wo womöglich noch keine eindeutige Ordnung ist. Da Lücken in Ideen bei Eifrigkeit am ehesten durch Falschheiten gefüllt werden, sei es hier vorerst damit belassen, das Ich vom Bewusstsein und von der Wahrnehmung abzugrenzen, und die drei lediglich in eine bestimmte Beziehung zu setzen.
Real-Ich
Ich meine dennoch, dass wir für das Ich, das sich im menschlichen Wachzustand durch Wahrnehmungsgegenstände und -erlebnisse zeigt, einen sauber abgrenzbaren Namen brauchen. Da es kein separates Ich ist, sondern der Zustand des gewöhnlichen Ichs während dem wachen Menschseinerleben (meine Übersetzung zu ‘human experience’), nenne ich es in diesem Zustand das ‘Real-Ich’, so sehr es auch eine Sprachverhunzung ist, da kein Zustand desselben oder eines höheren Ichs jemals, im Sinne des Weltanschauungsprinzips, ähnlich ‘real’ sein kann, oder sich ähnlich den komplexen, ja fast widersprüchlichen Bedingungen des Realen anzupassen hat.
Referenzen, Anmerkungen
- Nicht-Theisten, also Atheisten, glauben häufig nicht nur nicht an Gott, sie glauben dann meistens auch nicht an Geistiges. Wenn sie aber nicht an Geistiges glauben, so glauben sie wohl auch nicht an das Geistige in ihrer eigenen Person. Dadurch sind sie nicht nur Atheisten, sie sind auch ‘Anintuitisten’. Wenn im Menschen wie in der Welt oder im Kosmos nichts Geistiges ist, so ist auch eine Sicht nach innen nicht möglich, da im Menschen nach solchem Glauben nichts als Chemie und Physik geschieht. In anderen Worten impliziert das Verneinen des ewigen Göttlichen auch das Verneinen des ewigen Selbst. Das einzige was dann verbleibt ist der Naturalismus, was für die Bewegungsfreiheit eines Menschen in den Weltanschauungen gut zwei Drittel entfernt. ↩
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