“Work smart not hard” ist ein Motiv für die Jungen geworden, das in Amerika entstand – es wünscht sich von den arbeitenden Menschen, dass diese mehr mit dem Kopf, und weniger mit dem Körper arbeiten (übersetzt: “arbeite klug nicht hart”). Ein solcher Satz lässt fragen, wofür denn überhaupt gearbeitet wird. Denn ist die Arbeit ihr eigener Zweck, was durchaus berechtigt sein kann, so trifft dies nur auf das harte (aber nicht notwendigerweise physische) Arbeiten zu. Das Klugsein hingegen arbeitet nur mehr (aber nicht härter) um weniger arbeiten zu müssen, denn es wäre nicht klug, allein für die Arbeit zu leben. Wir arbeiten vor, um uns später zu vergnügen oder um später ruhen zu können. Solches Arbeiten ist sinnlos, denn so kann nicht im Moment gelebt werden, und so Arbeitende sollten sich überlegen, wie sie mit weniger Ausgaben auskommen können, anstatt sich zu überlegen, wie mehr Einkommen ausgegeben werden kann.

Und so hört man es in meinem Dialekt oft: “Houptsach isch dass Fritig isch.” Endlich Feierabend, endlich Wochenende, das Tun zum Zwecke des Nichtstuns ist erfüllt – in einem Verhältnis von 7:3 (fünf Tage Arbeit, zwei Nächte feiern und ausnüchtern, und dann wieder von vorne), aber immerhin kann nun härter nichts getan werden (der nächste dementierte Amerikanismus: “work hard play hard”).

Daraus einen besseren Satz zu machen, ist nicht schwer: Wichtig ist was richtig ist. Etwas Sinnvolles mit dem Leben zu tun, etwas Bedeutendes tun zu können bedingt, herauszufinden was wichtig und was unwichtig ist. Und hier ist der Grund, dass ich mich nicht so recht für die Rede der meisten Anthroposophen interessieren kann, so sehr ich mir auch Mühe gebe: ihre Streitereien sind orientierungslose, kompetitive Spielchen, in denen scheinbar alles auf dem Spiel steht, in denen es tatsächlich aber um überhaupt nichts geht. Im Vergleich zu den dutzend Weltanschauungen sind nicht nur die Texte und Reden der lautesten Anthroposophen Lärm, neben den dutzend Weltanschauungen ist, wenn gemessen an der Richtigkeit (Wahrheit) streng zwischen wichtig und unwichtig unterschieden wird, kaum irgendwas wichtig.
Ich halte es nicht für angemessen, an dieser Stelle durch Zitate zu zeigen, wie schlecht das Denken in den Behauptungen bedeutender anthroposophischer Persönlichkeiten sein kann, um dadurch zu untermauern, dass die daraus resultierenden Streite keine Bedeutung haben, denn es interessiert mich nicht für den einen gegen den anderen zu argumentieren, und es ist unehrlich, die schlechtesten Argumente auf Kosten der besseren wiederzugeben. Der Streit um den Geburtstag Steiners ist ein solcher bedeutungsloser Streit, das Gerede um die Verkörperung des Teufels (‘Inkarnation von Ahriman’) ein anderer, all das Zeug um bestimmte kommende Wiedergeburten, spirituelle Zusammenhänge von Gegenwartsgeschehnissen usw, diese Dinge sind Lärm. Sie sind eine Dramatisierung der Gegenwart, wohl weil es nicht sein kann, dass die Anthroposophie einfach da ist, und sie einen nicht in eine bestimmte Richtung, zu bestimmten Aufgaben weist. Solche Streite sind ein weisses Rauschen, das von der Beschäftigung mit wichtigen Dingen ablenkt (namentlich der Beschäftigung mit den dutzend Weltanschauungen). Eine einfache Faustformel ist folgende: wo immer zu spiritualistischen Ereignissen genaue Daten angegeben werden, beginnen die Ideen schnell ins Absurde abzurutschen.
Es würde mich zwar enttäuschen aber nicht erstaunen, wenn das Jubiläum zu 110 Jahren dutzend Weltanschauungen Anfang 2024 ins Wasser fällt, weil Anthroposophen bezüglich Anthroposophie ihre Energie generell in Dinge investieren, die ohne Konsequenz sind. Vielleicht ist hier mehr Klugheit im Bestimmen der würdigen Arbeiten angebracht, und mehr Ruhe und Hartherzigkeit um das Unwichtige (das ist das ‘künstlich Dramatische’) als solches zu bestimmen. So sei der erste Satz dieses Artikels modifiziert zu: “Sei klug im Finden harter Arbeit”.
Und was in meinen Augen noch mehr angebracht ist, ist die Einsicht, dass man aus einem ehrlichen inneren Interesse zu Aufgaben kommen muss, und nicht auf irgendwelche äussere Notwendigkeiten warten sollte – denn durch das Warten auf von aussen kommende ‘Impulse’ stehen die Chancen gut, dass in allen möglichen Gegenwartsereignissen nach ‘Drama’ gesucht wird nur um etwas zu tun zu haben; nur um der Anthroposophie für die Gegenwart einen Zweck geben zu können. Das entspricht aber in etwa den Produkten der Scheinjournalisten der Simplexmedien, deren Aufgabe es ist, möglichst grosse Schlagzeilen, möglichst tragische Schicksale zu finden. Das Problem bei den Simplexmedien (TV, Zeitungen, Radio) ist, dass die Aufgabe des Scheinjournalisten nicht besteht, weil die Ereignisse von sich aus grosser Schlagzeilen erfodern, sondern weil es eine Berufsgattung tausender Scheinjournalisten ist, tagtäglich im Wettbewerb mit all den anderen Scheinjournalisten etwas zu finden, das zu einer grossen Schlagzeile gemacht werden kann, und die grosse Schlagzeile jeden Tag neu vorhanden ist und deswegen gefüllt werden muss. Scheinjournalismus ist ein so verbreiteter wie perverser Beruf. Mit solcher auf äussere Dinge wartender Methode wird die Anthroposophie zu einer kreischerischen, hysterischen und irgendwann weltfremden Bewegung, die sich in alles einmischen muss, weil alles eine potenziell schwerwiegende, fast apokalyptische Folge haben könnte. Folglich ist der Fokus auf das innere Interesse ein weit zuverlässigerer Weg. Und wer kein ehrliches, inneres Interesse findet, sollte wohl an sich selber arbeiten (z.B. auf eine Reise gehen, etwas Neus tun oder sich sonstwie selber finden), denn es ist nicht natürlich, kein ehrliches, inneres Interesse zu haben.