Das WAP ist platonisch

… und so sind die das junge Weltanschauungsprinzip (WAP) in lebendiger Weise ausarbeitenden Weltanschauungsstudenten.

Idealismus und Realismus

Der Realismus und der Idealismus befinden sich zwischen dem Materialismus und dem Spiritualismus. Das eine Polaritätspaar liegt neunzig Grad zum anderen gelegen, wie auch das andere zum einen.

Der Realismus formt sich aus dem Materialismus (MLM) und dem Spiritualismus (STM) – mit dem Materialismus als Form und dem Spiritualismus als Wesen. Auch der Idealismus formt sich aus der MLM-STM-Polarität, aber beim Idealismus gibt der Spiritualismus die Form, und der Materialismus gibt das Wesen. Es ist ein ungewohnter Gedanke, sich den Materialismus als etwas anderes denn Form vorzustellen, aber wenn für das vor uns Vorhandene das Denken etwas angepasst wird, ist der Gedanke nicht mehr so schwierig.

Der Materialismus hat, wie jede Weltanschauung, sieben Zustände, die durch die dritte Gattung des WAP, die sieben Visibilitätsstufen (DVS), angegangen werden können. Durch den transzendentalistischen Materialismus und den okkultistischen Materialismus (zwei der sieben Arten der DVS) beschäftigen wir uns nicht mehr mit der Form des Materialismus, sondern mit dessen Wesen, denn der Transzendentalismus und der Okkultismus beschäftigen sich mit den Dingen die verborgen sind, und im Materialismus ist die Form offen und das Wesen verborgen (beim Spiritualismus ist es umgekehrt). Dass der Materialismus tief im Verborgenen ein Wesen hat (das nicht der Spiritualismus ist), ist vielleicht schwer zu denken, aber es erschliesst sich z.B. aus der Kombination mit dem Okkultismus.

Wenn die Spiritualisten eines Tages aufhören sich vor dem Materialismus zu fürchten, wenn sie aufhören sich über ihn zu ärgern und ihn nicht mehr als ‘Maya’ und dergleichen verneinen, dann werden sie bedeutend helfen können ihn aufzuschlüsseln, und es wird für die Polarität Materialismus-Spiritualismus etwas Gemeinsames möglich, wie es zwischen dem Idealismus und dem Realismus bereits versucht und zum Teil auch erreicht wurde. Es darf wohl noch weiter gegangen werden um zu sagen, dass es ohne den Spiritualismus kaum möglich werden wird das Wesen des Materialismus aufzuschlüsseln.

Ideen sind etwas Geistiges, und so ist im Idealismus das Geistige das, was einem als erstes begegnet. So begegnet uns beim Idealismus der Spiritualismus als Form, und der Materialismus als Wesen, auch wenn mit diesen Worten wohl noch kaum etwas angefangen werden kann, da das Wesen des Materialismus nicht gekannt wird.

Das Universalienproblem

Ein anderer Artikel, der für das WAP einleitend auf das Universalienproblem eingeht, ist hier zu finden.

Der Verständlichkeit halber wird hier vom Sein der Allgemeinbegriffe gesprochen, auch wenn damit auch und vor allem (!) das Sein desjenigen gemeint ist, das sie beschreiben. Im Idealismus haben Begriffe generell ein Sein, nicht nur allgemeine.


Die DWA haben sechs Polaritätspaare. Idealismus (ILM) und Realismus (REM) sind vielleicht die interessanteste Polarität, denn ein grosser Teil philosophischer Arbeiten liegt zwischen diesen beiden. Die Diskussionen um ‘ILM-REM’ umfassen z.B. den Universalienstreit, in dem es um folgende Frage geht: “Sind Allgemeinbegriffe, also Universalien, real, oder sind es lediglich austauschbare Konstrukte menschlichen Denkens?” Es gibt verschiedene Arten des Fragens zum Universalienstreit (epistemische, logische, ontologische und semantische), die zentrale ist aber die ontologische (die auf das Sein bezogene): gibt es nur unzählige Einzeldinge mit ihren Verwandtschaften und Verschiedenheiten, oder gibt es übergeordnete Gattungen und alle anderen möglichen Abstraktionen an sich? Haben Abstraktionen, Gemeinsamkeiten, Kategorien und dergleichen ein eigenes Sein? Die Universalienfrage ist nicht mehr annähernd so geladen wie im Mittelalter, aber dennoch ist sie ausserhalb des WAP noch immer nicht beantwortet. Dass sie nicht mehr so geladen ist, macht die Sache einfacher, denn geladene Fragen sind emotionale Fragen, und emotionale Fragen nehmen manchmal seltsame Wendungen. Das Universalienproblem lässt sich mit dem WAP recht leicht lösen, indem erkannt wird was real ist, und dass ein Sein ausserhalb des Realen durchaus möglich ist (das ist das Sein bei den anderen elf Weltanschauungen).

Bei der Universalienfrage geht es im ersten Moment nicht um die Koexistenz (gleichzeitiges Nebeneinander) gegenartiger Wahrheiten, sondern um die Bejahung oder Verneinung der Realität des Allgemeinbegriffs. Dann ist aber bald einmal bemerkbar, dass damit versucht wird ein Ideales in ein Reales zu setzen. Das ist nicht möglich, und doch dürfen aus dieser Unmöglichkeit nicht Schlüsse gezogen werden, die auf der anderen Seite dazu verleiten den Realismus zu übertreiben. Aus dem WAP sagen wir somit: durch die ontologische Universalienfrage (“gibt es das Allgemeine als ein Sein?”) ist uns die Aufgabe gestellt, die Grenzen der Weltanschauungen Idealismus und Realismus zu bestimmen. Somit geht es nicht darum, die eine Weltanschauung über die andere zu stellen; ja es darf nicht darum gehen. Nur im WAP ist es ein Leichtes zuzugeben, dass zwei gegenartige Gedanken gleichzeitig wahr sein können, und weiter nachzuweisen, wie zu solch scheinbar widersprüchlicher Wahrheit gekommen werden kann, und so wollen wir genau das tun.

Das Universalienproblem ist folglich ein Problem das entstanden ist, weil durch eine Weltanschauung (Idealismus) über ihre Grenzen hinweg über andere Weltanschauungen dominiert werden wollte. Die Universalienfrage hat in ihrer Übertreibung des Idealismus den Begriff Realismus in ungeeigneter Weise bestimmt. Im Bild unten sind in rot die Begriffe nach der Logik der Universalienfrage, in schwarz die Begriffe wie wir sie in den dutzend Weltanschauungen (DWA) angeordnet finden – dem Sinn nach platziert, links das Ideale, rechts das Reale.

Der Universalienrealismus sagt etwas ‘Idealistisches’: allgemeine Begriffe sind real;
der Universaliennominalismus sagt etwas ‘Realistisches’: allgemeine Begriffe sind nicht real.

Prinzipien (wie auch Begriffe) sind nicht real

Prinzipien wie auch Allgemeinbegriffe sind nicht real. Aber: daraus lapidar zu behaupten, Allgemeinbegriffe seien demnach notwendigerweise etwas wie ‘beliebig austauschbare Konstrukte des Denkens’ ist gleichfalls unrichtig, denn damit würde dem Idealismus Gültigkeit abgesprochen. Es handelt sich in manchen Argumenten der Universalienfrage zum ‘Strohmann-Nominalismus’ (ein übertreibend dargestellter Nominalismus) um den Denkfehler ‘non sequitur‘ (Folgefehler): es wird fälschlicherweise angenommen, dass aus einer bestimmten Aussage (Allgemeines ist nicht real) eine bestimmte andere folgen müsse (Allgemeines ist konstruiert).

Vielleicht hat man an dieser Stelle den Eindruck, es würde von mir hier lediglich Aussage um Aussage zurückgewiesen, in der Absicht, überall nur ein Mittelmass gelten lassen zu wollen. Dem ist nicht der Fall, denn es gibt Universalien, aber es gibt sie nicht im Realen. Es gibt Universalien im Geistigen – und wenn es sie nicht gäbe, wenn es überhaupt das Geistige nicht gäbe, wäre das WAP ungültig, denn das WAP geht davon aus, dass es die vier Weltanschauungen von Spiritualismus bis Idealismus, sowie deren jeweilige Substanzen, gibt. Wenn es Universalien in keiner Form, auch in keiner ausserhalb des Realen, gäbe, gäbe es auch das WAP nicht (mitunter weil es auch selber eine Universalie ist, aber auch weil es dem Kern des WAP, der Ebenbürtigkeit aller zwölf Weltanschauungen, diametral widersprechen würde).

Das WAP ist gleichzeitig dem Idealismus übergeordnet wie auch untergeordnet. Zu allen anderen Weltanschauungen ist das WAP nur übergeordnet. Denn der Idealismus ist eine von 23 Arten im WAP, gleichzeitig ist er die Weltanschauung die als erstes und vor allem verwendet werden muss, wenn es darum geht, sich mit einem Prinzip zu beschäftigen, das im Realen schliesslich nirgendwo unmittelbar vorhanden ist. Was ist nun universaler als das Weltanschauungsprinzip? Es gibt nichts universaleres, folglich ist uns der Idealismus stets ein naher Begleiter in der Beschäftigung mit dem WAP.

Wo genau sind nun die Grenzen die beim Universalienproblem überschritten werden? Die Grenzen werden am ehesten dort überschritten, wo etwas über das Andere (hier Gegenpolare) ausgesagt wird. Der Idealismus (irreführenderweise ‘Universalienrealismus’ genannt) spricht im Universalienproblem dort eine Wahrheit, wo er die Universalien als geistige Wirklichkeiten beschreibt; und der Realismus (‘Universaliennominalismus’ genannt) spricht dort Wahrheit, wo er allein das Einzelne als real gelten lässt. Weder der Idealismus (Universalienrealismus) noch der Realismus (Universaliennominalismus) spricht eine Wahrheit, wo behauptet wird, dass die andere Seite falsch liege, wenn sie das Ihrige zuvorkommen lässt, oder wenn behauptet wird, dass das eine vom anderen unabhängig sei.

Der Idealismus wird seine Substanzen (Ideen und Allgemeines) als primär, und die Substanzen des Realen (die Einzeldinge) als sekundär sehen (das ist die platonische Sicht); der Realismus wird seine eigenen Substanzen als primär, und die Substanzen des Idealen als sekundär sehen (das ist die aristotelische Sicht). Sie unterscheiden sich darin, was sie als das Zuvorkommende bestimmen. Das eigene ist ihnen primär, das andere ist ihnen sekundär.

Beide sind gültig und wahr, denn beide bedingen einander. Im WAP ist das kein Widerspruch, sondern ein jeweils für sich, wie auch gleicherseits, gültiger Gegensatz.

Aufgabenteilung und Zusammenarbeit

Idealismus und Realismus sind, obwohl sie ein Polaritätspaar sind, sehr umgänglich miteinander. Sie hatten sich im Mittelalter gestritten, heute sind sie gutmütig miteinander. Unter keiner anderen Polarität lässt sich so einfach hin- und herwechseln. Die anderen Polaritäten lassen sich nicht so einfach dazu bewegen, mit ihrem Gegenüber zu arbeiten (je weiter weg von ILM-REM, desto weniger).

So ist es nun die Aufgabe der Platoniker das WAP auszuarbeiten, denn die Platoniker sind im Grunde zuständig für Prinzipien und Ideen wo noch keine gute Ordnung herrscht und sich das seichte Denken nicht hinwagt, und das Weltanschauungsprinzip ist ein Prinzip; es ist im Namen. Die Aristoteliker auf der anderen Seite verwalten als erstes das Reale, d.h. das Unmittelbare und das unmittelbar Wahrnehmbare; sowie die Zusammenhänge die sie daraus aus der ‘Erfahrung der Einzeldinge’ (d.h. induktiv) finden. Als Titel des Artikels könnte auch stehen: “Das WAP ist zuerst idealistisch”. Der Idealismus bereitet das Prinzip darauf vor, im Realen Fuss setzen zu können; d.h. mitunter für Realisten anwendbar zu werden. Die Idealisten liefern den Realisten allgemeine Zusammenhänge, die Realisten liefern den Idealisten ihre Erkenntnisse anhand spezieller Eigenschaften von Beobachtbarem.

Das WAP wurde in einer kurzen Vortragsserie anfang 1914 von Rudolf Steiner begründet (allerdings nicht unter dem Begriff ‘Weltanschauungsprinzip’), einem Menschen, der im Grunde seines Herzens den Aristotelikern angehört, auch wenn seit Aristoteles vieles in der Philosophie geschehen ist, und bei Steiner zumindest den Inhalten nach nicht mehr vieles an Aristoteles erinnert. Der zentrale Punkt zum Zuweisen an eine philosophische Strömung ist der Vorgang der Strömung: wird etwa vom Speziellen zum Allgemeinen gegangen, so hat man Aristotelismus, und wird vom Allgemeinen zum Speziellen gegangen, so hat man Platonismus. Die weitsichtigen Aristoteliker – wie Steiner – zwingen sich dazu, sich mit Ideen zu beschäftigen; denn daraus ist etwas wie das WAP überhaupt erst entstanden, auch wenn der erste Schritt dazu bei Steiner durch einen theistischen Spiritualismus (“kosmischer Gedanke“) getan wurde. Steiner erlebte das Geistige, selbst in der (meist abstrakten) Philosophie, und von diesem Erleben aus arbeitete er sich zum Prinzip hoch. Einerseits zwingen sich die Realisten zum Idealen, um dadurch ein tieferes Verständnis vom Realen zu bekommen, andererseits weil es die Realisten nach einem Ausgleich verlangt, und die selbstreflektierten Realisten ihren Realismus als nur eine Seite der Medaille begreifen. Weitsichtigen Platonikern ergeht es ähnlich – und damit umgekehrt: haben sie einen guten Instinkt, so zwingen sie sich zum Realen um ein Gegengewicht zum schnell einmal abgehobenen Idealen zu finden. Platoniker sehen deutlich, ob Ideen in Universitäten lebendig oder tot sind; und sind Bildungseinrichtungen einmal sklerotisch (knöcherig, versteift) wenn es um die Ideenwelt geht, so finden sich Platoniker dann häufig aus purem Widerwillen lieber in praktischen Berufen wieder. Lieber sind sie noch im unangenehmen Realen als im Scheinidealismus oder von ideallosen Ideen umgeben.

Es ist merkwürdig, dass das WAP seinen Ursprung bei Steiner, in meinen Augen einem Hauptaristoteliker findet, einem, der die ununterbrochene, über die Scholastik gehende Methode der aristotelischen Linie (oder Tradition) durch seinen spiritualistischen Spin feinfühlig am Leben erhielt, und nicht bei einem Platoniker. Ich wüsste allerdings nicht, welcher Platoniker, ja welcher Mensch ausser Steiner, dazu fähig wäre, etwas wie das WAP zu errichten, das jede Art von Sein in einen fruchtbaren Zusammenhang bringen kann.

Die entschuldbare platonische Sünde

Ich zähle das WAP etwa so zum Platonismus, wie ich mich selber als Platoniker sehe. Ich weiss nicht wie das andere (besonders andere Platoniker) sähen, und ich weiss nicht ob es angemessen ist, mich als Platoniker zu bezeichnen. Aber es gibt in meinen Augen keine edleren und weiseren Texte als die Dialoge des Platon, und so erlaube ich mich in die Ränge der Folger des Platon einzufügen. Was das gegenüber der Anthroposophie bedeutet, in der ich ehrlich gesagt keine Platoniker ausmachen kann, in der mir überhaupt wenig lebendiger Idealismus vorhanden zu sein scheint, weiss ich auch nicht, jedenfalls fühle ich mich unter Anthroposophen nicht wirklich zuhause. Ich meine den Platonismus eher im östlichen Raum, bei den Slawen, und weniger im Westen, im deutschen oder englischen Raum zu finden.

Der Platonismus ist die schönste aller Philosophien (man muss dem Platonismus nicht zustimmen um dies als wahr anzuerkennen, wie man klassische Musik nicht mögen muss um zuzugeben dass sie die schönste ist), und was an den Grenzen dessen entstand, das noch zum Idealismus gehören will, das ist genügend weit vom Kern des Platonismus entfernt, um nicht mehr diesselbe Schönheit zu haben, oder haben zu müssen. Am Rande des Idealismus versuchte der Platonismus zur Zeit Platons Dinge, zu denen der Idealismus nicht mehr hinreicht, aber es wurde weiter auf die idealistische Methode bestanden (vom Allgemeinen zum Speziellen). Dadurch geschehen Ungenauigkeiten, ja Fehler. So sind speziell Ideen zu Politik (Politik hat mit etablierten Institutionen durch die Menschen die sich von Macht angezogen fühlen einen starken Realitätsbezug im negativen Sinne) nicht mehr schön, wenn sie sich mit den unschönen Realitäten des eingesessenen Politisierens zu beschäftigen versuchen. Sich dorthin ausstrecken zu wollen, das ist die Sünde des Platonismus: die Übertreibung des Idealismus, um es mit strengen Worten zu sagen.

Dort nun mit einer Kritik gegen Platon oder den Platonismus anzusetzen ist der Beweis geistiger Schwäche, Windungsfähigkeit und intellektueller Unehrlichkeit. Es ist eines jeden Philosophen unwürdig, den Rand einer zu ihm andersartigen Philosophie zu beleuchten, und deren Kern zu meiden. Solche Menschen sollten ihre Zeit im höchsten mit dem Jurismus verbringen, und die Philosophie in Ruhe lassen. Wer nicht die Kraft hat, den Kern des Platonismus anzusprechen um Abweichungen des eigenen Denkens dazu darzustellen, soll sich besser überhaupt nicht äussern. Aristoteles hatte die Denkfähigkeit, selbst schöneren platonischen Ideen rechtmässig nicht zuzustimmen.

Welche Weltanschauung, die eine derartige Grösse erreicht hat wie der Platonismus im Idealismus, wäre nicht versucht sich an ihre eigenen Grenzen zu wagen? Wie könnte überhaupt um die Grenze gewusst werden, wenn nicht um das WAP und dessen Grenzzüge gewusst werden kann (weil es erst mehr als zweitausend Jahre später erstellt wird)? So sei es Platon und seinen Schülern nach mehr als zwei Millenia vergeben, den Idealismus auf etwas wie das Politisieren anzuwenden, das durch seine Fremdheit zum Idealismus den Idealismus nicht verdient hat. Denn die vergebbare platonische Sünde geschah vielleicht auch als Antwort auf eine bittere Enttäuschung, als Antwort auf eine Sünde der athenischen Polis, denn Sokrates wurde durch einen geordneten politischen Prozess durch Gift getötet (ob rechtmässig oder nicht sei hier beiseite gelegt, denn es war nicht einfach nur ein Unrecht an Sokrates, etwa als Rache auf Unverschämtheiten oder dergleichen).

An dieser Stelle möchte ich ordnen, wie sich die Platoniker aufteilen (sollten). In der Mitte steht der Philosophe Platon, davor sind die Präplatoniker (die noch nicht von Platon wissen konnten, die aber seinen Idealismus vorbereiteten), danach kommen alle Postplatoniker. Die Postplatoniker teilen sich auf in

  • Protoplatoniker, die in den ersten Jahrhunderten nach Platon lebten, oder ihn gar noch persönlich erlebten und generell noch nahe an einer der verschiedenen platonischen Akademien standen; dann die
  • Mesoplatoniker, die im Frühmittelalter und im Mittelalter z.B. über die Schule von Chartres wirkten und den Platonismus mit dem Christentum verbanden; und schliesslich die
  • Neoplatoniker, die seit dem deutschen Idealismus bis in die Gegenwart hinein wirken, und den Platonismus mit anderen philosophischen Strömungen verbanden und verbinden, deren Arbeit auch durch das WAP fortgeführt werden will. Das weicht stark von der gewöhnlichen Zuteilung ab.

So gefällt mir die Einteilung weit besser als mit gewöhnungsbedürftigen Worten wie ‘Mittelplatonismus’ (vom 2. Jh.v.C. bis Ptolemäus, 3. Jh.n.C.) und ‘Neuplatonismus’ (ab Plotin, auch 3. Jh. bis etwa in das 7. Jh.), ohne eigene oder überhaupt eine Kategorie für die Platoniker danach. Speziell am Wort ‘Mittelplatonismus’ ist störend, dass damit auch anderes verstanden werden kann als eine Einteilung in einen bestimmten Zeitraum, denn die Mitte ist in der Philosophie eher dasjenige, das zwischen entgegenstehenden Ideen steht (im Sinne von moderat). Weiter ist der gemeinte Zeitraum nicht mehr in der Mitte zwischen Platon und der Gegenwart sondern weiter von der Gegenwart weg. Und falls mit der gewöhnlichen Ordnung behauptet werden will, dass der Platonismus nur bis ins Mittelalter ging und dann ausstarb oder sonstwie keine Linie mehr fand, so folge dem deutliche Widerrede, denn der Platonismus wird kaum je aussterben, und die Linie ist kaum unterbrochen worden, auch wenn sie vielleicht nicht immer äusserlich zutage trat.

Platoniker und Aristoteliker veranschaulicht

Die Aristoteliker sind durch ihren Bezug zum Realen um Welten besser darin ihre Linie zu pflegen, als die Platoniker mit deren jeweiligen Linien. Platoniker tauchen hier und dort im Äusseren auf, wie Fackeln in einer stromlosen Stadt. Was ihr Licht trifft, das tritt in den Horitont ihres Schaffens. Die Werke der Aristoteliker haben es einfacher, sie nutzen einfach die Leuchtkraft der Sonne (Empirismus), und was sich an Realem dadurch preisgibt. Schnell einmal leiden die Platoniker an der Welt, denn sie wünschen sich das Erleben von Idealen (reale Ideale; um obiges Bild zu gebrauchen etwa eine ideale Fackel, die ähnlich hell beleuchtet wie die Sonne), und das ist nicht leicht zu erreichen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert