bookmark_borderKrankheit ist Busse

Der folgende Artikel ist etwas priesterlicher ausgefallen, als mir lieb ist. Gleichzeitig ist der Inhalt darin kaum kompatibel mit kirchlicher Doktrin. Ich schreibe ihn nach dem Verschlingen eines Buches von Thorwald Dethlefsen (“Krankheit als Weg”, ohne aber dieses hier auch nur annähernd zu repräsentieren), und verbinde es mit dem, das bei mir hängen blieb und was von mir dazugedichtet wurde. Inwiefern das mit den Weltanschauungen zu tun hat, sei durch andere zu bewerten. Ich setze den Artikel unter die Weltanschauung Dynamismus.

Begriffe: Busse, Schuld, Sühne

Zu Beginn gleich etwas zu den drei Begriffen Busse (schweizer Schreibweise von “Buße”), Schuld und Sühne. 

Busse ist die Wiedergutmachung von Taten eines jeweiligen sündenden Menschen. 

Schuld ist die noch ausstehende Wiedergutmachung. 

Sühne ist eine Wiedergutmachung geistiger Schuld, die durch das Sünden verursacht wurde – zumeist mit geistigen Mitteln (wie einer religiösen Prozedur). Was nicht als Sünde erkannt wird, selbst wenn es einem anderen Menschen objektiv Unrecht tut, kann vom gleichen nicht gesühnt werden. Das heisst, der Sünder muss seine Untat einsehen, um Sühne leisten zu können (ansonsten tut er Busse – die keine Einsicht bedingt). Die Sühne bringt einen Ausgleich vom sündhaften Menschen zu Gott und der Welt. Eine geistige Schuld kann durchaus auch materielle Sünden zur Ursache haben. 

Das unrechtmässige Urteil zum ursprünglichen Gedanken

Wie wir über Dinge nachdenken bestimmt in definierender Weise sämtliche Schlüsse zu denen wir kommen. Verhält sich die Welt in einem bestimmten Aspekt (z.B. einem Aspekt wie ‘Krankheit’) in einer Weise, die unserem Denken widerspricht, können wir über diesen Aspekt kaum wahre Schlüsse gewinnen: dieser Teil der Welt bleibt uns verborgen, da unser angewohntes Denken wie eine Hürde zwischen der Welt und dem wahren Schluss (der “Wahrheit”) steht. 

Wenn wir sagen, “Krankheit ist Busse”, so werden damit viele Dinge gleichzeitig angedeutet, ohne dass sie direkt ausgesprochen werden (sie werden ‘impliziert’). So wird durchaus offen gesagt, dass der Kranke für sein Leiden verantwortlich ist, dass er also die Verantwortung trägt. Was aber dahinter versteckt angedeutet wird, ist z.B., dass der Kranke sich selber helfen müsse, dass der Kranke sein Leid durchleiden solle, dass er es verdient habe zu leiden, usw. 

Da stehen also allerlei hartherzige Implikationen hinter dem Satz, die beschuldigend mit dem Finger auf den Kranken zeigen, die, überspitzt gesagt, das Opfer zum Täter machen, und ihn durch solchen Fingerzeig seines Leidens rügen. Das bringt natürlich nichts, denn damit ist niemandem geholfen. So ist das aus den Implikationen herauskommende Aburteilen weder gerecht noch nützlich.

An dieser Stelle muss aber darüber nachgedacht werden, was wir hier mit unseren Gedanken tun (wir üben damit ‘Reflexion’). Denn das unangemessene Rügen, das ungerechte (Ab-)Urteilen, folgt eben nicht direkt aus dem Satz “Krankheit ist Busse” – es folgt indirekt daraus. Was wir dem ursprünglichen Satz mit solchen unangemessenen, harten Worten entnehmen, ist also nicht logische Konsequenz, sondern entspringt einem Gefühl, das durch den Satz entsteht. Das somit Unangemessene zum Gedanken ist nicht eine logische Konsequenz oder eine logische Folge, sondern die ’emotionale Reaktion’. Zwischen dem ursprünglichen Satz und der emotionalen Reaktion ist damit ein Gefühl vorhanden. Es ist mit der emotionalen Reaktion etwas Neues vorhanden, das dazugegeben wird. Es ist uns durchaus erlaubt, aus einem Gedanken ein Gefühl zu bilden, und es ist uns weiter auch erlaubt, aus jenem Gefühl einen neuen Gedanken zu bilden, und drittens ist es uns erlaubt, dann über diesen neuen Gedanken zu urteilen. Aber es ist uns im Verfolgen von Erkenntnis nicht erlaubt, das Urteil zum neuen Gedanken auf den ursprünglichen Gedanken anzuwenden. Diese Dinge können sehr subtil sein, aber sie geschehen sehr häufig, und die Fehlschlüsse daraus sind zahlreich. 

Das Gefühl muss hier vom Gedanken getrennt werden. Damit wird von uns behauptet, dass das Gefühl an dieser Stelle kein Recht hat, auf den Schluss zum ursprünglichen Gedanken einen Einfluss zu nehmen. 

Die Implikationen sind also kaum dazu fähig, ein gerechtes Urteil über den ursprünglichen Satz zu formen, weil die Implikationen eher für sich stehen, als dass sie an den Gedanken gebunden sind. Und weil die Implikationen für sich stehen, gehören die bei manchen Menschen als Scheinfolge aufkochenden Gefühle weit mehr zu den Implikationen, als zum ursprünglichen Satz. So können wir von den härteren der obigen Implikationen sagen, dass sie verwerflich sind. Dasselbe können wir vom ursprünglichen Satz nicht sagen, weil der ursprüngliche Satz “Krankheit ist Busse” für sich Verantwortung trägt (gleich wie es der Kranke tut), nicht aber für die Implikationen, die emotional oder sonstwie assoziativ aus ihm zu folgen scheinen. 

Der Grund, warum der ursprüngliche Gedanke nicht Verantwortung für mögliche Implikationen tragen muss, ist der, dass den Möglichkeiten an Implikationen keine Grenzen gesetzt sind. Ein Mensch kann die wildesten Dinge impliziert sehen – nicht weil sie tatsächlich impliziert würden, sondern weil sein angewöhntes Denken ihn wie ein Programm in eine bestimmte Richtung weist, und er vielleicht nicht anders kann, als die eigenen Ideen dem Gedanken zuzuschreiben (Eisegese).

Wir können einen Gedanken nun nicht für die Spinnereien eines jeden Menschen verantwortlich machen, und so lassen wir am besten gleich alle Implikationen weg, und verantworten ihm nur dasjenige, das wirklich direkt von ihm gesagt wird. Dadurch gewinnen wir auch eine positivistischere Repräsentation (“Stahlmann vor Strohmann“).

Schuld

Nun können wir auch sagen: “Krankheit ist Schuld”. Können wir das rechtmässig sagen? Wir können es rechtmässig sagen, aber hier ist die verwerfliche Folge kaum noch Implikation, sondern Bestandteil des Satzes. Die Schuld ist die noch ausstehende Wiedergutmachung, und dafür gebrauchen wir ein anderes Bild für Krankheit. Vielleicht passt es besser, wenn an dieser Stelle gesagt wird: “Krankheit ist Schuldbegleichung”.

Es braucht hier mehr Positivismus um den Gedanken vom Gefühl zu trennen, als bei der Busse, denn die Schuld lässt sich nicht so transaktionsartig begleichen wie die Busse. Es braucht einen genug starken Positivismus, dass dieser uns sogleich zu christlicher Vergebung führen muss – das heisst: einer Vergebung die zugleich heilen will. Dem Kranken soll weit mehr als verziehen werden, ihm soll eine Hilfe dargeboten werden, die ihn in einer Weise erhöht, dass nicht nur das Kranke am Kranken verschwindet, sondern dass der Kranke an und in sich gesundet, und im Geiste so geheilt wird, dass das Krankhafte keinen Halt mehr hat um zu wachsen, oder symptomatisch sonstwie, in anderer Form, aufzutreten. Christliche Heilung bedeutet Heilung des ganzen Menschen, Heilung tiefster Ursachen. Der Geist des ehemals Kranken wird durch die christliche Heilung so ausgerichtet, dass er Kraft und Gesundheit auf einmal von sich aus an sich zieht. Der so Gesunde braucht das Kranke nicht zu bekämpfen. Der Kampf ist für den Kranken, der etwas zu überwinden hat. Der Kranke kämpft in der Krankheit mit sich selbst. Da manches Kämpfen ein Todesurteil ist, wenn es allein bestritten werden muss, ist das Angebot des Helfens in solchen Fällen nicht nur angemessen, es ist eine Pflicht, sofern der Kranke seine Krankheit gegen andere nicht ausnutzt.

Sühne

Und letztens können wir sagen: “Krankheit ist Sühne”. Können wir auch das rechtmässig sagen? Wir können es wohl rechtmässig sagen, aber es trifft nur auf den theistisch oder sonstwie zum Geistigen ausgestimmten Menschen zu, da wohl nur er die Krankheit als einen möglichen ‘Akt des Ausgleichens’ sehen wird. So können wir es nur für manche Fälle rechtmässig sagen, nämlich für jene theistischen. 

Busse

Busse und Sühne sind beidfalls ein wiedergutmachender Ausgleich. Bei der Krankheit muss zwar in vielen Fällen nicht etwas wieder gutgemacht werden (Karma) – da durch sie aber ein Ausgleich geschieht, der aus dem Tun und Sein des Menschen durch die Gesetze der Natur notwendig wird (ein Tun und Sein zu dem der Mensch durch die Freiheit gekommen ist, die er sich angeignet hat), und dessen Folgen er erleben muss um sich selbst und seinen Platz in der Welt wahrzunehmen, verwenden wir den Begriff der Busse trotzdem. Um seine Beziehung zur Welt zu verstehen, ist der Begriff Busse für den kranken Menschen und zur hiesigen Sache der am nächsten Liegende. 

Der Satz “Krankheit ist Busse” ist wohl ein Urteil zum Kranken, aber es ist dadurch keine Aufforderung darin, den Kranken in seinem Leid liegen zu lassen. An sich ist es kein aburteilendes Urteil. Wer denkt, dass aus einer Verantwortung zwangsläufig geschlossen werden müsse, wer die Folgen zu tragen habe, gibt weniger Kunde über den Verhalt der Sache, als dass er zeigt, wie vermengend er denkt. Denn ‘Verantwortung’ sagt nichts dazu aus, wie geholfen werden soll; sie stellt Dritten keine Verbote. Sie besagt allein, dass eine Verantwortung zur Lösung einer Aufgabe besteht, sie sagt nicht, wer sie schlussendlich zu schultern hat, denn sie teilt keine Rollen zu. Das Produkt aus unserem tätigen Willen und unserer Freiheit erst ist es, das Rollen zuteilt: jener hilft (sich oder anderen), jenem wird geholfen. 

Warum ist der Kranke also krank? Um das zu beantworten muss weit ausgeholt werden, denn es muss dafür auf die Natur des Menschen, und dann die Natur der Beziehung des Menschen zu seiner Ungebung, eingegangen werden.

Der Mensch ist eine mikrokosmische Welt: er folgt denselben Ursache-Wirkungsgesetzen denen auch die Welt unterliegt – in fast unendlich kleinerem Masstab. Er ist als ein mikrokosmisches ‘System’ der Welt nachgebildet, er gibt wieder, was ihn umgibt, da er noch weit davon entfernt ist selbstständig genug zu sein, um von seiner Umgebung unabhängig zu sein. Diesem Satz braucht man nicht zugunsten unseres Arguments einfach zu glauben, man kann ihn leicht an der Welt überprüfen, da er sich im Realen überall bewahrheitet findet: der Mensch ähnelt der Welt, sein Tun entspricht den Bedingungen die ihm von der Welt gestellt werden. Das heisst nicht, dass der Mensch nach paganistischem Denken allein aus der Erde kommt, allein zu ihr gehört und nur sie verehren soll. Der Mensch kommt, nach esoterischen und in den tiefergründigen theistischen Lehren, in seinen wichtigsten Zügen, in seinem geistigen Wesenskern (seinem ‘Ich’) aus dem Kosmos, nicht von der Erde. So, wie die Welt aber mit dem Kosmos im Zusammenhang steht, setzt sich auch der Mensch aus beiderlei (Weltlichkeit und Kosmischem) zusammen, wodurch gleichwohl der Paganismus wie auch die verschiedenen Monotheismen Wahrheit repräsentieren (nur nicht darin, was sie als unwahr bezeichnen). 

Widerspricht der Mensch nun den Bedingungen, die ihm sowohl durch die Welt wie auch durch kosmische Gesetze gestellt werden, so kostet dies dem Menschen Kräfte, die er weder nützlich anwenden noch irgendwie pflegen und verschönern kann. Wesenswidrige Taten und weltwidrige Seinszustände finden keine Anknüpfungspunkte zu ihrer Umgebung – sie verlischen jeden Aufwand, der für sie aufgebracht wird. So müssen wir Vorsicht darin üben, wo wir unsere Kräfte einsetzen, denn manche Richtungen führen nirgendwohin, und die dorthin aufgewandten Kräfte verpuffen einfach im Nichts. 

Wenn Kräfte falsch ausgerichtet werden, und sie keine Wechselwirkung zu echten Kräften bilden können, fehlen die Kräfte andernorts: der Mensch kann den Aufgaben seines eigenen Wesens nicht mehr nachkommen – er verliert generell an Kraft, er wird schwächer, und störende Kräfte bekommen Wirkungsraum. Je nachdem wo die Kräfte fehlen, zeigen sich dem Menschen bestimmte Symtome (deren Ansammlung wir irgendwann “Krankheit” nennen). Der Kampf des Menschen mit seinen eigenen Krankheitssymtomen nennen wir das Kranksein. In diesem Kampf ist der Mensch gezwungen, sich selber, in der so absoluten wie wortlosen Sprache der Welt, mit den Tatsachen der falsch ausgerichteten Kräfte zu konfrontieren. Deswegen bezeichnet Thorwald Dethlefsen Krankheit als ‘Weg’, weil durch sie sehr viel Selbsterkenntnis möglich (und auch wahrscheinlich) ist. 

Mir scheint die Krankheit jedoch nicht mehr als der Abschnitt eines Weges sein zu können, da die Selbsterkenntnis nicht notwendigerweise aus der Krankheit folgen muss, Selbsterkenntnis als ein Teil des Weges aber Notwendigkeit hat. So ist mir die Krankheit erst zusammen mit deren Ursachen und möglichen Folgen ein Weg; für sich alleine scheint sie aber etwas zu sein, das weniger ist.

Und so kommen wir zur Busse. Hier finden wir einen Begriff der uns sagt, was durch die Krankheit geschieht. Durch das Erkranken erhalten wir eine ‘kosmische’ Busse, die in der einen oder anderen Art beglichen werden muss. Woher der Ausgleich zu kommen hat, sagt die Busse nicht, sie muss einfach erstattet werden. Wird sie ignoriert, oder ist sie zu überwältigend, so wächst sie an, bis der Mensch an ihr zugrunde geht. Dadurch ist die Krankheit weder eine göttliche Strafe noch fehlerhafte Materie, sondern vielmehr eine Reaktion der Welt (oder des Kosmos) auf ein jeweiliges menschliches Sein und Tun.

bookmark_border3.5.1.3-10 Ausmass der Komplexität

Dieser Artikel versucht auszumessen, ob mit dem Weltanschauungsprinzip ein Schematismus am einzelnen Menschen möglich sein könnte (‘nein’).

24 Kategorien

Rudolf Steiner spricht von 23 Weltanschauungen: 12 eigentlichen Weltanschauungen, 7 Visibilitätsstufen, 3 Seelentönen und 1 Anthropomorphismus. 7+3=10, +1=11, +12=23. Die Gesamtheit dieser Teile ist aber mehr als nur deren Summe. Und so zählen wir noch einmal +1 dazu, für das “Weltanschauungsprinzip” (WAP), die grosse Überkategorie. Damit sind wir bei 24 Kategorien (wobei eine davon, WAP, nun kategorisch auf einer anderen Ebene liegt als alle anderen). Und wenn wir die vier Hauptkategorien (Weltanschauungen, Visibilitätsstufen, Seelentöne, Anthropomorphismus) dazuzählen, die – abgesehen vom Anthropomorphismus – jeweils auch wieder mehr als die Summe ihrer Teile sind, so sind wir bei 27 (oder 28) Kategorien. Die Eigenschaften der vier Hauptkategorien fassen wir jedoch unter die Überkategorie Weltanschauungsprinzip und verbleiben damit bei 24 Kategorien, die zu studieren sind. Als Übersicht sieht dies wie folgt aus:

Kombinationen

Meine Hypothese ist, dass die Beschäftigung mit den einzelnen 12 eigentlichen Weltanschauungen so viel Arbeit beansprucht, wie alles andere Einzelne unter dem WAP (d.h. die anderen 11) zusammengenommen. Sind die einzelnen Teile des WAP einmal studiert, beginnt eine viel kompliziertere Arbeit, nämlich die Kombinationen der vier Hauptkategorien (12*7*3*1=252 Kombinationen, wobei der Anthropomorphismus stufenlos, von ‘fast nicht vorhanden’ bis ‘sehr stark vorhanden’, sein kann). Rein mathematisch betrachtet gibt uns nur schon die Stufenlosigkeit des Anthropomorphismus unendlich viele mögliche Kategorien, weil die Stufen in der Stufenlosigkeit unendlich fein abgestuft werden können, bis sie nicht mehr als Stufen wahrnehmbar sind.

Primäre und sekundäre Weltanschauung (hypothetisch)

Die Komplexität hört hier aber nicht auf. Denn es scheint in der Praxis bei einzelnen Menschen oftmals mehr als eine einzelne Kombination zu geben. Bei Kant z.B. scheint mir die primäre Kombination “transzendentalistischer Rationalismus” zu sein, und die sekundäre Kombination ein “empiristischer Sensualismus”, wobei die sekundäre weniger tatsächlich vertreten wird, als dass sie die Aufgabe hat, die primäre zu untermauern (bei Kant z.B.: der Verstand denkt und die Sinnlichkeit nimmt das Äussere wahr, dadurch ergänzen sich die beiden und Erkenntnis wird möglich). Die Seelentöne lasse ich bei Kant weg, da ich mir bei Kant um diese nicht sicher bin. Diese weitere Kombination multipliziert nun aber nicht einfach die 252 Kombinationen um x2, nur weil nun zwei solche Kombinationen gleichzeitig in einem Menschen vorhanden sein können. Die verbleibenden möglichen Kombinationen für die sekundäre betragen 11*6*3 (der Seelenton kann derselbe bleiben, aber Weltanschauung WA und Visibilitätsstufe VS müssen andere sein, als bei der primären Kombination, folglich 12->11 und 7->6). Es multipliziert nicht einfach nur mit etwas weniger als x2, weil es nicht eine einzige primäre der 252 Kombinationen ist, die mit einer der anderen sekundären, unter nur noch 11*6*3=198 Kombinationen, einhergehen kann, sondern jede der primären 252 mit jeder der sekundär verbleibenden, noch möglichen 198. D.h. die möglichen Kombinationen sind im Falle von zwei gleichzeitigen Kombinationen 252*198=49’896.

Ob es bei zwei gleichzeitig möglichen Kombinationen aufhört, oder ob es drei oder vier gleichzeitig auftreten können, weiss ich aber nicht.

Weltanschauungsreise

Die Komplexität hört aber noch immer nicht auf. Denn wer nun denkt, dass mit dem Schematisieren des Obigen irgendwas erreicht würde, sollte es denn überhaupt möglich sein, der wird wohl annehmen, dass nun die Bücher eines grossen Denkers studiert werden können, und die Kombinationen liessen sich zumindest theoretisch erschliessen. Hier kommt aber etwas Weiteres hinzu, nämlich die ‘Weltanschauungsreise’ eines jeden genügend alt werdenden Menschen. Rudolf Steiner zeigte eine solche Reise am Beispiel des Friedrich Nietzsche, der über die Jahrzehnte seines Lebens vom ‘mystizistischen Idealismus’, zum ’empirizistischen Rationalismus’, zum ‘voluntaristischen Dynamismus’ gereist ist. Das heisst, es muss nun auch identifiziert werden, in welchem Lebensabschnitt genau ein Werk geschrieben wurde, und ob die Veröffentlichung mit dem Zeitabschnitt, als es geschrieben wurde, übereinstimmt (siehe z.B. Nietzsches Schrift gegen Wagner, mit dem Titel “Der Fall Wagner”, deren Inhalt nach Steiner offenbar während oder um die Zeit der früheren, lobenden Werke über Wagner geschrieben wurde). Daraus folgt, dass eine treffende Zuweisung an die Kombinationen eine intensive, einfühlsame Biographiearbeit erfordert, wodurch auch entsprechend Belege und Schriften vorhanden sein müssen.

So finden sich bei einem älter gewordenen Menschen drei weitere Kombinationen, weil diese Reisen durch drei Kombinationen gemacht werden. Für die folgende Überlegung lasse ich die Seelentöne heraus, da ich nicht weiss, nach welchen Regeln sich die DST auf der Weltanschauungsreise in einem einzelnen Leben ändern. Wenn die erste WA-VS-Kombination im Leben eines einzelnen Menschen eins in 12*7=84 beträgt, dann schliessen sich eine WA und eine VS für die darauf folgende Kombination aus, also eins in 11*6=66, und für die dritte eins in 10*5=50. So haben wir 84*66*50 mögliche Kombinationen, also 277’200 Möglichkeiten, und dabei werden die Seelentöne, unendliche Anthropomorphismusabstufungen und gleichzeitig auftretende Kombinationen weggelassen.

Der äussere Einfluss

Weiter besteht die Möglichkeit, dass Menschen durch die Umstände, die um sie herum vorherrschen, nicht die Werkzeuge finden, ihre eigentliche Weltanschauungskombination, oder nur schon Weltanschauung, zu finden und auszubauen. Selbst wenn also alle obigen Kombinationen überschaut werden könnten, kann es sein, dass der Mensch nur äussere Eindrücke kopiert, und die eigene Weltanschauung gar nicht umzusetzen vermag. So kann ein Mensch zwar eine bestimmte Kombination in sich tragen, aber diese Kombination ist ihm womöglich versteckt.

Daraus schliessen wir…

… dass es keinen Sinn hat, vom Schema der Weltanschauungen ausgehend den einzelnen Menschen anzuschauen. Die Komplexität der Möglichkeiten des Schemas des Weltanschauungsprinzips ist in der Praxis viel zu gewaltig, um von diesem aus für den einzelnen zuverlässig wahre Schlüsse ziehen zu können. Was ist dann aber der Nutzen des Schemas?

Der Nutzen des Weltanschauungsprinzips ist, trotz all der Komplexität des Realen alles Beobachtete ordnen zu können. Daraus werden sich unter den Menschen mit der Zeit Tendenzen zeigen, die häufiger sind als andere, und vielleicht lässt sich von da aus ideell auf den einzelnen schliessen, sofern dies überhaupt das Ziel ist.

Das Weltanschauungsprinzip hat einen realistischen Zweck. Es ist über einem da, es ist eine Struktur, auf die immer zurückgegriffen werden kann, um die Gedankengänge bestimmter Denker besser erschliessen zu können. Es gruppiert Persönlichkeiten in sinnvoller Weise, und es lässt dadurch ein fokussiertes Studium bestimmter Weltanschauungsrichtungen zu. Es dient durch seine mögliche Komplexität jedoch nicht als Ausgangslage, um das Reale ordnen zu können.

Das Reale muss bei der praktischen Anwendung des Weltanschauungsprinzips die Ausgangslage sein, und so ist es das Reale, das sich in der Folge in das Schema – das Ideale – einfügen lässt.

Nicht aber umgekehrt das Ideale in das Reale, weil dann unzählige Ausnahmen auswendig gelernt werden müssten.

@12weltanschauungen

bookmark_borderGlauben-, Wissen- und Wollenschaft

(Beitragsbild von https://eurythmie-form.blogspot.com/2009/04/eurythmie-wollen-denken-fuhlen.html?m=1)

In der Anthroposophie (und auch andernorts) findet sich die Kategorisierung der drei Seelentätigkeiten (auch Seelenkräfte genannt): Denken, Fühlen und Wollen. Mit folgendem Artikel versuche ich, diese drei Seelentätigkeiten äusseren Strömungen generellen, reinen, menschlichen Interessen zuzuteilen:

  • Wissenschaft (Denken)
  • Glaubenschaft (Fühlen)
  • Wollenschaft (Wollen)

Die Abtrennung von der Wissenschaft

Obige Gruppierung kann weiter aufgebrochen werden, z.B. kann die Wissenschaft in Materiewissenschaft, in Lebenswissenschaft, in Logikwissenschaft usw aufgeteilt werden.

Die Glaubenschaft kann in Gottesglaubenschat, in Geistesglaubenschaft geteilt werden, verschiedenste philosophische und theologisch-religiöse Strömungen zur Frage, was das ‘Erste’ war und das Gute ist, tummeln sich hier. So würde ich auch die Ethik hier platzieren.

Und schliesslich kann die Wollenschaft in die Ästhetikwollenschaft (Künstewollenschaften), die Rechtewollenschaft (z.B. gleiche Rechte für alle, oder Rechteausgleich für Schwächere), die Rechtswollenschaft (Jura) usw geteilt werden.

Was in den Wissenschaften geschieht, ist weitgehend bekannt. Es wird studiert, experimentiert, analysiert und nachgedacht. Da muss durchaus ein Wille vorhanden sein, um ein kompliziertes Experiment aufzubauen, und es muss mit Feingefühl ausgemittelt werden, wo das Wahre liegen könnte – aber weder der Wille noch das Fühlen steht bei den denkerischen Wissenschaften im Zentrum.

Die Wollenschaft

Bei der Betrachtung einer politische Bewegung, die eine bestimmte soziale Veränderung bewirken möchte, kann gefunden werden, dass zur Rechtfertigung der Anliegen zwar allerlei Daten und Studien verwendet werden, aber im Zentrum steht dann nicht das Verlangen, die Welt tatsächlich zu verstehen, sondern die Welt zu verändern, wodurch nicht eine Wissenschaft, sondern eine Wollenschaft am Wirken ist. Dies sehe ich z.B. bei Umweltthemen, bei Fragen um soziale Gerechtigkeit, beim Tierschutz, kurz, bei allen möglichen ethisch-moralischen Fragen. Dort sind schlichte Datensätze nicht ein Wissen, sondern ein Argument, da bei Daten ‘Rosinenpickerei’ betrieben werden kann (d.h. es werden nur Daten berücksichtigt, die dem Argument helfen, wodurch das Argument eindeutiger zu sein scheint, als die Gesamtheit an Daten suggerieren mag). Diese wichtigen, ethischen Fragen sollen keineswegs in Abrede gestellt werden, aber sie sollen mit Klarheit von denjenigen Absichten abgegrenzt werden, die sich rein auf Beobachtungen und Wissensbereicherung beschränken, und die bewusst versuchen, sich eines jeden Urteils über ‘gewünscht’ und ‘ungewünscht’ zu enthalten.

Das Vermischen ist hier deswegen problematisch, weil sich die Merhoden zu sehr unterscheiden. So schadet es der Wissenschaft aus offensichtlichen Gründen, wenn beim Urteil begonnen wird, und alles Folgende jenem Urteil unterworfen wird. Und es schadet der Wollenschaft, sich wissenschaftlich zu geben, weil sie als Wissenschaft moralische Neutralität schauspielern muss, und dann durch das verfrühte Urteil notwendigerweise die Fakten und die Schlüsse so verkehrt, dass es scheint, als wären die Schlüsse notwendig aus den Fakten entstanden. So wird die Wollenschaft eine Art Lüge auftischen, ob sie will oder nicht, weil sie in Wahrheit bei den Schlüssen begonnen hat, und dann die Fakten dazu sammelte. Die Fakten können aus einer Notwendigkeit wollenschaftlichen Methodik nur mit den Anfangsschlüssen übereinstimmen. Wenn die Wollenschaft sich aber als Wollenschaft zeigt, muss sie sich nicht verkrümmen, und sie gewinnt besonders in den Augen der Wissenschaftler an Authentizität (Glaubwürdigkeit).

Die Glaubenschaft

Ähnlich kann z.B. dafür argumentiert werden, die glaubenschaftliche Theologie bewusst von den Wissenschaften abzugrenzen. Es gibt zwar bedeutendes empiristisches Tun bei den Theologen, wo z.B. sehr präzise dokumentiert wird, welche Kirchengebäude, Führungspersönlichkeiten und Ideen wann und wo aufgekommen sind, wie sich wandelten und wie sie manchmal verkümmerten. Aber die Grundsätze der Theologie, und die Schlüsse die aus ihr kommen, haben nicht Gedanken (oder einen inneren Willen) als Quelle, sondern ein gesundes Gefühl. Die theologischen Gedanken und der Wille, Gott zu dienen, formen sich aus diesem Gefühl, aber sie sind nicht der Ursprung der theologischen Künste und Inhalte.

Es findet sich bei den Theologen und bei den politischen Aktivisten eine Ähnlichkeit, weil beide ein Gefühl dafür haben, was wahr ist, und weil beide einen Willen haben, danach zu handeln. Die einen riskieren z.B. die eigene Sicherheit zum Protest gegen bestimmte Verhältnisse, die anderen opfern Zeit und Energie um z.B. grosse Bauwerke zu errichten. Zentral ist aber, was für den jeweiligen Menschen im Mittelpunkt steht. Für den Religiösen ist es weniger das Bauen als das Vertrauen und die Hingabe in Gott, und die Bauwerke sind ein Ausdruck des Glaubens. Für den Aktivisten ist weniger eine bestimmte Ungerechtigkeit der Ausgangspunkt, sondern mehr der Wille die Bereitschaft zu zeigen, sich für andere einzusetzen. Für welches politische Anliegen hierbei Zeichen gesetzt werden, ist aus diesem Grund nicht zentral, weil die Anliegen zum Teil austauschbar sind, denn es kann gegen verschiedenste Probleme protestiert, oder für verschiedenste Anliegen demonstriert werden. Mit der Austauschbarkeit der Themen will ich keineswegs gegen das politische Tun argumentieren, sondern die Motivation dahinter richtig einordnen.

Wenn mit der Wollenschaft und mit der Glaubenschaft übertrieben wird, und Glaube und Wollen nicht voneinander abgegrenzt werden, passt folgende Analogie:

Mein Smartphone ist meine Bibel.

Mein Podcast ist mein Gottesdienst.

Mein Professor ist mein Priester.

Mein Slogan ist meine Hymne.

Meine Partei ist meine Kirche.

Meine Revolution ist meine Inquisition.

Meine Ideologie ist meine Religion.

– der Aktivist

@DWA_KPT auf Twitter

Denken, Fühlen und Wollen

Diese drei hauptsächlichen Seelenkräfte sind zu unterscheiden, weil sich das Zusammenmengen der drei schädlich auswirken kann. So muss z.B. verhindert werden, dass der Wille direkt auf das Gefühl folgt und davon nicht unterschieden werden kann (weil der Mensch ansonsten sehr impulsiv wird), denn es kann bei jeder wahrgenommenen Ungerechtigkeit sogleich zur Tat geschritten werden, obwohl es zu einer jeweiligen Situation vielleicht noch viel mehr zu verstehen gäbe.

Ist der Gedanke eng mit dem Gefühl verbunden, so verschmilzt der Mensch zu sehr mit den Inhalten vor ihm, und er denkt vor allem auf einer emotionalen Ebene und es fällt ihm schwer, sachlich und nüchtern zu sein, und das Leiden anderer kann ihn paralysieren. Ist der Gedanke schliesslich mit dem Willen verknotet, so wird der Mensch Mühe haben, sich von seiner Umwelt abzugrenzen, und sein Denken wird immerzu äusseren Umständen fügen, was es z.B. schwer macht, über sich selbst zu lernen.

Generell sind alle drei stärker oder schwächer mieinander verknotet. Das heisst, es ist weniger so, dass sich eines von den beiden anderen sauber abtrennt, während die beiden anderen verschmolzen bleiben.

Was häufiger ist das Herausstehen einer der drei Kräfte relativ zu den anderen beiden. Dass also z.B. der Wille überbetont wird, und der Mensch fast zu einem Willenstier wird, aber die drei Berührungspunkte einander noch immer gleichmässig überschneiden.

Liegen die drei Qualitäten übereinander, so hat man eine ‘assoziative Psyche’. Die Dinge werden in dieser Psyche vermischt. Trennen sie sich auf, gibt es also keine Berührung mehr zwischen ihnen, dann nennt sich dies die ‘dissoziative Psyche’. Die geordnete Dissoziation der drei Kräfte ist eines der Ziele der anthroposophischen Schulung. Geschieht die Dissoziation aber nicht geordnet, kann es zu einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung kommen, deren Folgen z.B. psychotische und-oder schizophrene Zustände sind.

bookmark_borderZu den Adjektiven: Prinzipiell, speziell, universell

Generell unterscheiden sich hier 1) prinzipiell für etwas, das über seine bestimmte Aufgabe hinaus (auch notdürftig) verwendet werden könnte, 2) speziell für etwas, dem eine bestimmte Aufgabe zugesteht, und 3) universell für etwas, das für einen ganzen Bereich von Aufgaben immer passende Anwendbarkeit oder gar Notwendigkeit hat.

Sie beziehen sich entweder auf eine Sache in deren Anwendung, z.B. ist ein Brotröster (um den Anglikanismus ‘Toaster’ zu vermeiden) speziell für Röstbrot (Toastbrot), und universell für alle Röstbrotarten, zu verwenden, aber nicht prinzipiell für Brot, weil es bereits hartes Brot gibt, das durch das Rösten zu sehr verhärtet und ungeniessbar wird, und erst recht nicht universell fürs Rösten.

Oder die drei Adjektive beziehen sich dann auf Dinge, wie die Dinge mit allem anderen verglichen werden können. So ist der Brotröster speziell ein Gerät zum Zubereiten von Frühstücksröstbrot, er könnte aber prinzipiell zu jeder Mahlzeit, auch für Mitternachstsnaschereien, zum Röstbrotrösten verwendet werden. Seine Nützlichkeit ist allerdings zu sehr beschränkt, um etwa als Universalanwendung im Haushalt gesehen werden zu können, wie etwa Stoizismus oder Stossgebete – ein Status, der nicht einmal von Panzertape oder Sekundenkleber erreicht wird. Was universell an jeder Mahlzeit beteiligt ist, ist allein der Magen. Wäre der Brotröster für jede Mahlzeit unverzichtbar notwendig, so würde er universell für alle Mahlzeiten verwendet werden. Da dies nicht seine Aufgabe ist, könnte er speziell hierfür aber, zumindest für den Röstbrotliebhaber, wie gesagt, prinzipiell immer verwendet werden.