In der Prinzipienzusammensetzung (PZS) wurde dem allgemeinen Begriff Prinzip einige (sieben) Bestandteile (“Klassen”) zugeschrieben. Diese werden in kommenden Artikeln näher angeschaut und umgrenzt, sobald sich mir die Ideen dazu etwas umfangreicher zeigen. Dieser Artikel handelt von der 7. Klasse der Prinzipienzusammensetzung. Hier noch einmal die Übersicht:
Inhalt
Unterkategorien der Emergenz (EMG)
Das Besondere an der Emergenz ist ihr ständiges Überwinden einfacher Kalkulationen zum Energiehaushalt. Ihre Eigenschaften sind stets ein Überschuss zur Wirkung ihrer Elemente (Substanzen). Erst aus ihr ist wirklich Neues möglich.
Emergenz entsteht, wenn Systeme und deren Komponenten miteinander interagieren. So ist es für Emergenz notwendig, dass Systeme miteinander in einem Austausch sind.
Dieser Austausch bedingt etwas, das mit der Resonanz-Idee von Hartmut Rosa gut beschrieben werden kann: ein Komponent oder Komponentenkomplex agiert in eine bestimmte Richtung, zu einem oder mehreren Komponenten desselben oder eines anderes Systems.
Ich würde hier gerne drei Kategorien nennen, in die wir die Emergenz aufteilen können, aber mir ist noch keine Idee dazu gekommen. Die Frage nach den drei Kategorien stehen zu lassen bedeutet aber, dass eine passende Antwort eines Tages von sich aus kommen kann.
Eine Kategorie muss etwas mit ‘Kategorientranszendenz’ zu tun haben, d.h. der Schritt von einer Kategorie in eine höhere.
Zum Emergenzbegriff
Warum nicht ‘Fulguration’ für die PZS? Erstens ist es ein unschönes Wort, zweitens basiert seine Verwendung auf der falschen Annahme, dass die Emergenz ein irreführender Begriff für ihren Inhalt sei. Emergenz bedeutet ‘Auftauchen’, ‘Heraufkommen’, und dies passe nicht zur Idee, dass Neues entsteht (wie Emergenz gemeinhin verstanden wird), wenn ein System in der richtigen Weise zusammenkommt, weil etwas Auftauchendes nicht etwas Neues, sondern etwas Vorhandenes ist, das von einem Moment auf den anderen in Erscheinung tritt. Etwa so, wie ein Tiefseefisch, der auf einmal auf der Oberfläche treibt, nicht einfach entsteht weil er an der Oberfläche treibt, sondern aus irgendwelchen Gründen an die Oberfläche kam.
Emergenzen sind allerdings nicht Fische, und so kann ein Auftauchen durchaus mit einem Entstehen einhergehen. Und ganz aus dem Nichts kommt das Emergente nicht, denn es würde zu jedem anderen Zeitpunkt unter genügend ähnlichen Bedingungen ‘entstehen’, und so ist zumindest das Potential zum Vorhandensein immer vorhanden.
Anschauliches Bild
Es ist immer nützlich, Begriffe über ihr Gegenteil zu beschreiben. Hier ist das Gegenteil die ‘Submergenz’.
Beispielsweise wurde im amerikanischen Yellowstone Nationalpark vor längerer Zeit der Wolf entfernt, wohl um ein gefährliches Tier nicht frei laufen zu lassen. Dies hatte erstaunliche (negative) Auswirkungen auf die Natur, denn durch das Entfernen eines einzelnen Elements des Ökosystems ging alles kaskadenartig aus dem Ruder. Das Wild begann z.B. an Flussufern zu grasen, was es gerne tat, weil es gerne am Wasser ist um den Durst zu löschen, was den Ufern Stabilität wegnahm. Die Flüsse begannen dadurch mit der Zeit die Ufer abzubauen, und mit mehr Kraft zu reissen. Daraufhin verschwanden Insekten, weil die kleinen Wiesenflächen verschwanden, und so verschwanden auch viele Vögel, die nicht mehr die Auswahl an Insekten hatten, und dies hatte auch eine Kaskade an Folgen.
Das gibt eine neue Perspektive auf das gewaltige Artensterben der Gegenwart. Es reicht eben nicht, eine bestimmte Art zu retten – die Notwendigkeiten des ganzen Systems müssen verstanden werden (ganzheitliches Verständnis), die die natürliche Emergenz in der Natur erlauben. Durch die Komplexität der Natur ist das Verständnis deren emergenter Abläufe nicht einfach, und am besten ist ihr häufig dadurch gedient, sie Natur “einfach machen zu lassen”.
Emergenz ist das Tor zu höheren Kategorien
Elefanten und Delfine sind faszinierende Tiere mit relativ hoher Intelligenz. Sie sind an einer Schwelle zu etwas, das dem Menschen gleichen könnte, und doch sind sie fast unendlich weit davon entfernt, dies jemals zu schaffen. Es fehlt ihnen die Freiheit in der Sprache, allerlei Klänge imitieren zu können, es fehlt ihnen die Möglichkeit Hände frei zu gebrauchen (weil ihnen gegenstehende Daumen fehlen), usw. Wenn man dann den Bären als Vergleich nimmt, so finden sich bei diesem schon mehr Freiheiten mit ihrer Umwelt zu interagieren, und doch trifft alles Obige noch immer auf sie zu.
Von Delfinen und vielleicht auch vom Oktopus könnte gesagt werden, dass sie an eine Grenze gekommen sind, bei der sie nun anstehen. Sie haben maximiert, was im Wasser drinnen möglich ist. Sie haben in ihrer Entwicklung einen Flaschenhals erreicht, der sie nicht weitergehen lässt. Käme nun etwas hinzu, das ihnen den Weg zum ‘Ich’ ermöglichen kann, so wäre dies ein Schritt in eine neue Kategorie, die wir bisher nur als ‘Mensch’ kennen, die aber verbreitert werden müsste. Sie würden die neuen Menschen, und damit wäre unendlich viel mehr möglich, als diese Tiere bisher zustande bringen: sie könnten Geschichte dokumentieren und über Generationen hinweg pflegen und weitergeben; sie könnten Gesellschaftsexperimente versuchen; sie könnten Hypothesen aufstellen, ohne sie überhaupt zu testen, usw. Und das ist Emergenz, der Schritt von einer Kategorie in eine andere, wo das Neue um ein vielfaches grösser und-oder komplexer ist, als das bisherige.
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