3.5.1.1-12 Anfangsstruktur

Um die im Folgenden Begriffe besser verstehen zu können, hier ein Link zu einem Artikel dazu, wie axiologisch, axiomatisch und axionomisch im Weltanschauungsprinzip (WAP) unterschieden werden: Zu den Adjektiven: Axiologisch, axiomatisch und axionomisch.

Axiologische und axiomatische Fragen versuchen für uns zu einer Bestimmung von Grundannahmen zu kommen. Die Axiologie gibt einen Positivismus vor, und die Axiomatik gibt uns den Kreis der zwölf Weltanschauungen als erstes axiomatisch Unbegründetes. Zur Struktur von Kontention als Ganzes sagt das noch wenig aus, denn mit Grundannahmen haben wir noch keinen echten Anfang für eine Schrift. Der Anfang muss die Leser auf Form und Inhalt vorbereiten, die sie erwartet. Dadurch wird das Aufnehmen der Inhalte leichter.

Das gute Argument

Hier sind zuerst leichtere Dinge angebracht: erstens die Frage danach, was ein gutes und was ein schlechtes Argument ist, und zweitens was gutes Denken ist. Dazu muss der Unterschied von Dialog, Diskussion, Debatte und ev. noch weiteren, beschrieben werden, und es muss darauf hingewiesen werden, welche Bedingungen für einen jeweiligen Austausch gelten, welche Vor- und Nachteile sich jeweils finden, und was oder welche für uns in allem Folgenden am passendsten ist. Parallel dazu finden sich Begriffsbestimmungen zu den Antworten auf diese beiden Fragen. Hier geht es nicht darum, das Wesen der Sprache, oder das das Wesen des Denkens, oder den streiterischen Meinungsaustausch zu entschlüsseln oder zu begründen, sondern darum, einfache Falschheiten von Beginn an in einfacher Weise von uns fern zu halten. Wir suchen die ‘Form’, die am besten zum Inhalt passt, der untersucht werden will. Wir wählen die Werkzeuge und Hilfsmittel aus, mit denen das Studium des Weltanschauungsprinzips angegangen werden soll, und dafür brauchen wir noch nichts über das tiefere Wesen der dafür verwendeten Werkzeuge zu wissen.

Es ist der alte Widersatz der Grundlagenuntersuchung: um die grundlegendste Grundlage zu untersuchen, brauchen wir viele passende Mittel. Um die richtigen Mittel in der richtigen Weise zu wählen und zu gebrauchen, brauchen wir ein gründliches Verständnis zu den Mitteln. Das gründliche Verständnis baut auf allerlei anderen, bereits erbauten Dingen auf, wodurch das gründliche Verständnis keine grundlegenden Sätze machen kann, die nicht schon durch verschiedene Einflüsse geformt wurden. Ohne grundlegende Sätze zu den Mitteln gibt es keinen wirklich neutralen, uneingefärbten Anfang. Es gibt also keinen machbaren Anfang, der wirklich bei Null beginnt – alles höhere menschliche Tun ist gezwungen, Vorgefertigtes zu nutzen.

Das ist z.B. an der Sprache zu beobachten, die wir von unseren Eltern und vielen anderen Menschen übernehmen. Sprache hat über unzählige Generationen keinen einzigen Unterbruch erlebt; jeder Mensch eines jeden Zeitalters hat sie von seinen Vorfahren übernommen. Das Kind ohne jegliche Kommunikation stirbt 1 (möglicherweise, erleidet aber mindestens schwere Entwicklungsstörungen), und Sprache ist in der Kommunikation etwas Wesentliches. Dies gilt in viel schwächerer Form für unzählige Dinge, und viele dieser Dinge werden wohl unbewusst übernommen. Solches Erbe lässt sich nur schwer überwinden, da es zutiefst mit uns verbunden ist.

Verständlichkeit

Kant begann in der ‘Kritik der reinen Vernuft’ schnörkellos beim Begriff Erkenntnis, und zeigte durch eine daraus folgende Reihe an Begriffen mit sehr kurzen Beschrieben wie sich ein Begriff aus diesem und jenem anderen bildet. Es ist ein unkomplizierter Anfang (auch wenn er sehr kompliziert geschrieben werden kann – und wurde), der sich nicht mit den Hürden des Alltagsdenkens, wie Missverstehen, Übertreibung oder Auslassen, aufhält. Der ‘Kritik der reinen Vernunft’ ist es egal, ob sie verstanden wird. Die Verantwortung des richtigen Verstehens liegt in ihr allein auf den Schultern der Leserschaft. Die schwere Verständlichkeit sehe ich auch als eine Immunisierungsstrategie, also einer Strategie, die eine Kritik nicht durch den Inhalt sondern durch die Form fernhält – etwas, das einen Menschen wie Hegel aber nicht aufhalten kann, und das dem Werk langfristig schadet, auch wenn es sich dazwischen für eine lange Zeit in Bedeutsamkeit suhlen mag.

Es fragt sich aber, was der Zweck einer Schrift sein kann, ausser eine bestimmte Information nach aussen zu kommunizieren. Ist es mit der ‘Kommunikation als Zweck’ nicht auch die Aufgabe der Schrift, ‘gut’ zu kommunizieren? Kann eine Schrift ihre Aufgabe erfüllen, wenn sie schlecht kommuniziert? Der Spruch, dass der Aufwand entweder beim Leser oder beim Autoren liegt (beim Leser zu Verständnis, beim Autor zu Verständlichkeit), ist zwar zutreffend; die Verantwortung liegt aber immer zuerst beim Autoren. Wenn er sie nicht wahrnimmt, wälzt er die eigene Verantwortung auf seine Leser ab.

Um nicht das Schwierigste in der einfachsten Art kommunizieren zu müssen, finden sich für das WAP drei Hauptrubriken: Präsentation, Kontemplation und Kontention. Und die Rubrik, wo die Schwierigkeit der Inhalte auf Kosten der Einfachheit des Textes geht, zugunsten der Schwierigkeit, das ist die Kontention. In der Rubrik ‘Kontention’ gibt es keine Komplexität, die der Schwierigkeit des Verständnisses wegen vermieden wird. Die anderen beiden Rubriken erreichen nicht die Tiefe von Kontention, aber sie widersprechen ihr auch nicht. Und so findet sich, durch diese drei verschieden schweren Arten des Kommunizierens, für alle etwas. Und mit dem Verständnis einer einfacheren Rubrik werden auch die Inhalte einer weniger einfachen Rubrik leichter zugänglich.

Argumentfolge im Anfang

Aus Obigem beginnen wir mit der Wahl der Form. Was ist ein gutes Argument, und welches Format aus den Möglichkeiten Dialog, Diskussion, Debatte, und wohl noch vielen anderen, begünstigt das gute Argument in einem Buch am meisten? Einige Formen werden für ein Buch unmöglich sein. Das Gerüst der Form kann jedoch imitiert werden, z.B. wird im Dialog die beste Version des anderen Arguments angeschaut (Stahlmann > Strohmann), während in der Debatte beim anderen nach Schwächen gesucht wird. Zweiteres widerspricht übrigens bereits unserer Weltanschauungsaxiologie, da das Schwächen-suchen nicht positivistisch ist, wodurch wir immer den ‘Stahlmann’ bevorzugen werden.

Die Form, von der wir nie weichen können, ist die Sprache. Was bedeutet die Sprache für unsere Annahmen, Gedankenfolgen und Schlüsse? Was sind Begriffe, Definitionen und Worte? Das Thema Sprache kommt aber erst auf die Axiome folgend. Und diesem folgend dann die für Kontention notwendigen Begriffe.

Haben wir die Form, beginnt der eigentliche Inhalt: Was ist eine Grundannahme (Axiom), und was geschieht, wenn wir keine haben?

Darauf folgt die Darstellung von drei Grundannahmen:

  1. Weltanschauungsaxiologie (WAL)
  2. Weltanschauungsaxiomatik (WAM)
  3. Weltanschauungsaxionomie (WAN)

Die WAL zeigt, wie der Positivismus für Erkenntnis Notwendigkeit hat.

Die WAM zeigt, warum und wie die DWA und deren Implikationen zu Polaritäten, Nachbarschaften usw, als Grundlage der WAV (Weltanschauungsverpflichtung) und des WAP (Weltanschauungsprinzip) gelten müssen.

Und die WAN schliesslich zeigt die Notwendigkeit und Rolle von Axiomen generell. Ihre Aufgabe ist es als erstes, ein eigenes Axiom auszusprechen; sie sagt: “Am Anfang steht das Axiom.”

Argumentfolge danach

Eine Grundlage zu haben ist etwas Tolles, denn es muss gut darüber nachgedacht werden, nach welcher Logik eine Anfangsabfolge am meisten Sinn macht. Und wenn die grobe Struktur vorhanden ist, wurde etwas erreicht. Aber dann kommen sehr viele Dinge dazu, die auch wieder in eine Reihe zu stehen haben, denn in einem Buch wird nur in eine Richtung geblättert, und die Folge der Argumente und Sätze darin folgt den Seitenzahlen.

Dieser Artikel zeigt mit Obigem genug, um seine Aufgabe getan zu haben, dennoch sollte ein kleiner Blick weiter gewagt werden. Was dem Anfang, also den Axiomen, folgt, sind nicht bereits die Weltanschauungen, sondern Gedanken zur Verwendung unserer (oder ‘der’) Sprache. Denn die Bedingungen der Sprache geben uns vor, nach welcher Art alle folgenden Argumente gemacht werden können, aber auch, was in Argumenten alles nicht gelten kann. Darf ein reines Bauchgefühl gelten? Muss ein intakter, logischer Schluss gelten? Solche Fragen benötigen zur Beantwortung die einzelnen dutzend Weltanschauungen, sowie das Dutzend an sich. Während oben Lösungen gegen den Zirkelschluss des Ersten gefunden wurden (das WAP, als Weltanschauungsaxiomatik aufgeteilt in ein axiomatisches, ein systematisches, wie auch ein teleomatisches Weltanschauungsprinzip, ist sowohl das Erste ohne Vordersatz, dann die Methode zur Untersuchung, und schliesslich ebenfalls der Beweis – wenn das nicht ein Zirkel ist…), finden sich nun weitere Zirkelschlüsse, die womöglich wieder nach neuen Begriffen verlangen. Es ist nur zu hoffen, dass die vorgehenden Lösungen die Aufgabe flussabwärts nicht nur erschweren. Falls obige Art des Auflösens der Schlüsse alles nur verkompliziert, müssen andere Lösungen gesucht und gefunden werden. Es ist leicht möglich, dass bestimmte Lösungen für einen späteren Moment eine unüberwindbare Wand hinstellen. Damit sind viele Lösungen nur Scheinlösungen. Deswegen muss die ganze Arbeit von Anfang bis Ende durchdacht werden, bevor ein einziges Wort des finalen Inhaltes der Rubrik ‘Kontention’ zu Papier gebracht wird, wenn das Niedergeschriebene von Dauer sein soll.

Nach der Sprache kommt eine Erläuterung der Begriffe, dann endlich eine Vertiefung der in der Einleitung gewählten Form der Argumente. Der Prozess der Auswahl (der Form) wurde in der Einleitung beschrieben, und nun wird das speziell Ausgewählte näher betrachtet.

An diesem Punkt scheint einiges der Vorbereitung erledigt. Alles Folgende verwendet die dutzend Weltanschauungen um der dutzend Weltanschauungen willen selber, wie auch die Wahrheiten die sie beinhalten. Es ist ein bewusstes Spiel mit einem Spiegel. Z.B. muss verstanden werden, welche Rolle der Verstand in der Erkenntnisbildung spielt, und hierfür wird der Rationalismus verwendet. Meinen wir, den Prozess der Erkenntnisbildung zu verstehen, werden weitere Weltanschauungen hinzugezogen, und es wird sowohl das Thema Erkenntnis vertieft, wie auch die Grenzen des Rationalismus getestet.

Für das Spiel mit dem Spiegel verwende ich den Vergleich mit der ‘Kamera’. Stehst Du vor einem Spiegel, und tanzt da herum, so siehst Du dein eigenes Gesicht, und darin deine eigenen Augen. Die eigenen Augen zu sehen ist ein Widersinn, denn sie sind das, was sieht. Sie können andere Augen sehen, aber sich selbst zu sehen, ist eine nur von aussen ermöglichte Möglichkeit. Die Weltanschauungen sind nicht uns, sondern sie geschehen lediglich durch uns. Spiritualistisch gesprochen sind sie durch unseren Geist verwandelte, vermenschlichte kosmische Impulse. So sind Weltanschauungen zur einen Hälfte unser Produkt, zur anderen etwas Äusseres. Auf die Kamera trifft grob dasselbe zu. Die Kamera kann sich selbst nicht direkt (!) fotographieren, zumindest nicht ihre eigene Linse – besonders, während jene Linse verwendet wird. Schaue ich durch die Kamera hindurch, und schaue das Gerät selber nicht an, so sehe ich, wie die Kamera die Welt ‘sieht’. Ich kann nun etliche Fotos schiessen und diese dann anschauen, ohne das physische Gerät zu kennen, und von diesen Fotos auf die Eigenschaften der Kamera schliessen.

Nach einem ähnlichen Prinzip geschieht Selbsterkenntnis. Ich mag meine Augen im Spiegel sehen; meinen Charakter, ja mein eigenes ‘Wesen’ kann ich jedoch niemls so einfach und direkt wahrnehmen – ich benötige Reaktionen und Rückmeldungen anderer Menschen dafür. Und selbst wenn ich präzise Rückmeldungen bekomme, heisst das noch lange nicht, dass ich diese auch richtig verstehe.

Die Weltanschauungen stehen zwischen alledem. Sie sind gleichzeitig Kamera, Foto und Auge. Sie reflektieren sich selber nicht, aber sie werden durch uns Menschen reflektiert (untersucht). Sie sind in jede Richtung vorhanden, wandeln sich unablässig vom kosmischen Impuls zum Anthropomorphismus, wirken durch unzählige Seelen (sich den individuellen Umständen eines jeden Menschen anpassend), sie stellen sich dar, werden dargestellt, werden gegeneinander verwendet, werden übertrieben, verlacht und verzerrt. Manchmal erstrahlt eine Weltanschauung durch einen besonderen Menschen zu einem Teil in ihrer wahren Schönheit, oftmals liegen die Weltanschauungen in einem Schlummer unter dem Bewusstsein.

Ihre Anwendung zur Untersuchung ihrer selbst ist die Hauptaufgabe der Kapitel nach den vorbereitenden. Ihre Anwendung zur Untersuchung und Anwendung der höheren Kategorien (Visibilitätsstufen, Seelentöne, Anthropomorphismus), ist die vermutlich sehr herausfordernde, darauf folgende Aufgabe. Ihre Anwendung zur Untersuchung der Welt und des Menschen geschieht parallel dazu, wohl fast automatisch. Aber dazu muss nun wirklich ein separater Artikel her, wo darüber nachgedacht werden kann, wie die Struktur des mittleren Teils von Kontention aussehen soll.

Referenzen, Anmerkungen

  1. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kaspar-Hauser-Versuch

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